Es ist ein Fakt. In Deutschland gibt es heute (Stand März 2010) noch kein Mediationsgesetz, das die Zulassung zur Mediationsausübung regelt. Der Gesetzgeber fühlt sich berufen, obwohl die anstehenden Fragen nicht leicht zu regeln sind. Schon die Frage, ob die Verleihung des Titels „Mediator“ ein Zertifikat mit Berufsqualität sein kann ist nicht unumstritten (siehe z.B. den Beitrag Akademisierung der Mediation oder Professionalisierung der Mediation).

Bisher vergeben die Ausbilder Zertifikate einer hinter ihnen stehenden Organisation (Hochschulen, Schulen, Verbände, Institute). Dabei kommt es vor schon einmal vor, dass Ausbildungen unverschaemt kurz ausfallen und schon vom Volumen den Eindruck erwecken, nur eine Teilausbildung sein zu koennen. Der Verdacht draengt sich auf, dass eine derart zertifizierte Ausbildung nicht wirklich dem entspricht, was man sich unter einer Mediatorenausbildung  vorzustellen hat. Ich persoenlich halte den Verdacht für unbegründet. Heute kann der Kunde sehr wohl schon die unterschiedlichen Qualitäten einer Ausbildung oder der diese bescheinigenden Zertifizierung erkennen.

Trotzdem ist eine Vereinheitlichung und Standardisierung wertvoll. Sie sollen sicherstellen, dass die Grundinhalte in den Mediatorenausbildungen gleichwertig sind. Die Standardisierung ist legitim, soweit sie dem Kunden eine Orientierung gibt.

Die Sorge vor Wettbewerbsverzerrungen spielt natürlich auch eine große Rolle. Wer nach einer nur 40-stündigen Ausbildung den gleichen Titel erwirbt hat weniger Ausbildungsaufwand als jemand der eine 200 oder 300 stündige Ausbildung aufzuwenden hatte. Er ist deshalb schneller auf dem Markt.  In den angelsächsischen Systemen würde eine 40 Stundenausbildung durchaus als ausreichend gesehen zusammen mit 5 Falldokumentationen. Bei uns würde eine 40 Stundenausbildung definitiv zu geringwertig sein. Die unterschiedlichen Anforderungen lassen sich mit einem Unterschied der zugrunde liegenden Rechts- und Verhandlungssyteme erklären, müssen aber hier nicht vertieft werden (Siehe aber How are you doing the mediation). In Deutschland kann eine 40 Stundenausbildung nur ein Einstiegsmodell sein. Der von den Verbänden nunmehr weitestgehend vereinheitlichts Ausbildungsstandard würde in nur 40 Stunden nicht zu bewältigen sein. Die qualitative Verwässerung, die bei der Verwendung eines einheitlichen Mediatorenbegriffs befürchtet wird, ist durch die Herkunftshinweise bei den Zertifikaten (Mediator/IM) kaum zu befürchten.

Die mehr und mehr auch untereinander angebotenen Anerkennungsverfahren der verschiedenen Verbände führen ganz sicher zu einem übereinstimmenden Qualitätsbewusstsein der ihnen angeschlossenen Institute. Die Anerkennungen stellen jedoch keine staatliche Leistung dar und erfüllen auch keinen staatlichen Auftrag. Ihre rechtlichen Grenzen beschränken sich deshalb auf die Selbstorganisation.

Wenn es Regeln zur Anerkennung seitens des Gesetzgebers geben wird, werden diese sich ganz sicher an die von den Verbänden erarbeiteten Mindeststandards halten. Wir gehen nicht davon aus, dass die professionelle Berufsausübung eines Mediators von einer bestimmten Zertifizierung abhangig gemacht werden wird. Die Bedeutung eine Zertifikates wird sich auf die letztlich bei den Gerichten (oder besser: für die Gerichte) geführten Mediatorenlisten beschränken. Das macht ein die Listung ermöglichendes Zertifikat nicht unattraktiv. Letztlich wird eine verbandsunabhängige und verbandsübergreifende Instanz alle diejenigen Mediatoren auf der Liste führen, die eine an den Standards orientierte Mindestausbildung in Mediation nachweisen können.

Photo by Ed Yourdon