Als erstes möchte ich mich für Eure Geduld mit unserem wirklich recht „speziellen“ Kurs SS 2011/B (ZFH) bedanken. Ich hatte den Eindruck, dass in unserer Gruppe viele sehr aufgeweckte Menschen zusammengekommen sind und ich könnte mir vorstellen, dass wir unsere Dozenten manchmal ganz schön fordern. Ihr beiden seid aber wirklich prima mit uns klar gekommen und der Kurs hat volle Fahrt aufgenommen!

Ich habe diese Woche das Kapitel „Haltung“ in unserem Ordner durchgearbeitet und bin gerade damit fertig. Mich freut der Tiefgang, mit dem Ihr die Sache angeht, und ich denke, ich muss diesen Abschnitt noch ein paarmal lesen, bis ich diese Tiefe wirklich für mich ausgelotet habe.

Besonders beeindruckt haben mich die folgenden Sätze:

Die Vermittlung der Mediation ist nicht eine Vermittlung der Positionen, sondern eine solche des Verstehens.“ (S. 212) Das ist eine wirklich fein herausdifferenzierte Aussage, die den Unterschied zwischen Justiz und Mediation besonders deutlich beschreibt.

Die Mediation unterbricht den gedanklichen Zusammenhang zwischen Position und Lösung. […] Die Entkoppelung vom Denken an Lösungen wird weiterhin durch die Ergebnisoffenheit des Mediators gefördert.“ (S. 215) Genau, erst wenn man es aufgibt, über Lösungen nachzudenken, wird Verstehen möglich!

Der Mediator ist nicht für das Verfahren verantwortlich, aber dafür, dass die Parteien in der Lage sind, die Verantwortung über das Verfahren zu übernehmen.“ (S. 219) Das finde ich eine wunderbar genaue Differenzierung!

Für mich gehören die Gleichgültigkeit am Erfolg und das ausschließliche Interesse am Prozess des Verstehens […] unbedingt zur Haltung des Mediators in der Mediation dazu.“ (S. 222) Das finde ich eine ganz zentrale Aussage, die mich sehr angesprochen hat. Irgendwie wirkt das entlastend, entspannend, befreiend auf mich…

Ziel ist es, den Menschen in seiner Gesamtheit zu betrachten und dennoch losgelöst vom Problem.“ (S. 225) Dadurch gelingt eine vorurteilsfreie Sicht auf den Menschen, die eine wichtige Grundlage des Verstehens bildet.

Und meine Lieblingsaussage: „Die Mediation könnte ein Heilmittel sein. […] Wenn die Mediation zum Katalysator einer gesellschaftlichen Veränderung werden soll, müsste sie in Rang eines Kulturgutes befördert werden.“ (S. 229) Hier schlägt mein immer noch ungebrochener Idealismus Purzelbäume vor Freude :-). Mediieren als gesellschaftliches Heilmittel, das ist für mich ein ganz wichtiges Ziel, das mich sehr motiviert. Ich bin mir zwar alles andere als sicher, ob ich jemals so weit kommen werde, aber allein der Gedanke, die Möglichkeit, so etwas lernen zu können, ist absolut inspirierend.

Ist klar, wenn man als Mediator weiter kommen möchte, muss man die eigenen Grenzen erkennen und versuchen, ob man da irgendwie noch weiter kommt. Ich merke das schon, wenn ich nur das Paraphrasieren übe. Dabei nutze ich Gelegenheiten, wenn mir jemand von sich aus über etwas berichtet, das ihn genervt hat. Mir fällt auf, dass es Themen gibt, die mir leichter fallen, aber auch welche, die irgendwelche Schwachpunkte bei mir berühren. Da muss ich mich dann ganz schön überwinden, trotzdem aktiv zuzuhören. Aber das finde ich gerade gut, denn ich möchte ja ewas lernen und wenn man etwas über sich selbst lernt, bringt einem das sofort etwas.

Was ich übrigens total verblüffend finde, ist der Effekt des Paraphrasierens. Der Erzähler landet am Ende ganz woanders, als er angefangen hat. Das, was zunächst vordergründig das Problem schien, löst sich oft in nichts auf, dafür kommen Dinge zutage, die zunächst vollkommen unklar waren. Früher habe ich meist viel zu früh versucht, „Ratschläge“ zu geben. Aber wenn diese Klarheit über das, was hinter dem vordergründigen Problem steht, erst hergestellt ist, braucht man tatsächlich gar keine Ratschläge mehr zu geben, dann wissen die Leute selbst, was zu tun ist, weil es auf der Hand liegt.

Anmerkung der Redaktion: Diese Rückmeldung erfolgte bereits nach der ersten Präsenz im ZFH Kurs. Das Skript ist auch als Buch „Mediation umsichtig“ erhältlich.