Dieser Artikel ist lesenswert! Die neue Zürcher Zeitung äußert sich zum Familienrecht in der Schweiz und den geänderten Verhältnissen – die auch für Deutschland zutreffen. Sollte die Schweiz ein Vorbild sein? Folgende Einsichten sind festzuhalten (Wir zitieren aus dem Beitrag):

  • „Erfreulich ist, dass sich die meisten Eltern gar nicht streiten“.
  • „Wer aber den Staat braucht, um sein Privatleben nach einer Trennung oder Scheidung zu regeln, der wird sich auch in Zukunft streiten – und das nicht zu knapp“. Das wäre ein fall für die Mediation, aber: Hoch eskelierte Streitigkeiten kann auch die Mediation nicht regeln. Das wäre ein Fall für die integrierte Mediation, deren Konzept es ist, den Erkenntnisprozess auch auf die Frage des Verfahrens zu beziehen.
  • „Unabhängig vom Schicksal der Beziehung der Eltern sind diese für den Unterhalt und das Wohlergehen des Kindes verantwortlich“. Wieder ein Argument für die Mediation, denn diese setzt auf der Verantwortung der Medianden auf.
  • „Dazu gehören finanzielle Sicherheit, eine gute Beziehung zu Mutter und Vater sowie stabile Betreuungsverhältnisse. Für die Erfüllung dieser Bedürfnisse müssen die Eltern weiterhin gemeinsam aufkommen. Wie sie Betreuung und Erwerbsarbeit aufteilen, steht ihnen frei. Im neuen Unterhaltsrecht ist festgehalten, dass das Gericht im Streitfall die Möglichkeit einer alternierenden Obhut prüfen muss, wenn ein Elternteil oder das Kind dies verlangt“. Das ist spannend und sollte vom Schweizerischen ins deutsche übersetzt werden. Ist damit ein Wechselmodell gemeint? Bedeutet dies, dass die Unterhaltsfrage jetzt mit dem Sorgerecht verbunden werden kann? Wenn dem so ist sollte man das beobachten. Hier haben Unterhaltsfragen und Betreuung ein juristisches Eigenleben.
  • „Mit diesem Passus scheint das Recht des Kindes auf eine stabile Beziehung zu beiden Elternteilen etwas näher gerückt zu sein. Das ist wichtig, denn das Fundament der heutigen Familie ist nicht mehr das Paar, dessen längerfristiger Zusammenhalt nicht immer gewährleistet werden kann, sondern die Beziehung der Eltern zum Kind“. Das gemeinsame Sorgerecht ist ein Abstraktum. Wer das Kind betreut ist davon unabhängig. Dass der Staat die Eltern in dir Pflicht nimmt und eine gemeinsame Versorgung der Kinder erwartet ist ein spannndener Ansatz, wenn er nicht in formale Wechselmodelle überführt wird, wo die Eltern sich das Kind teilen. Dieser Trend ist hier auch zu beobachten. Man lobt die Eltern wegen des Wechselmodells übersieht abei jedoch, dass es ein Konkurrenzmodelll ist. das ist kontraproduktiv.
  • „Mit der Frage um die Verteilung dieser Betreuungsanteile wird es nun konkreter. Auf den ersten Blick erscheint das Festschreiben einer Betreuungsform im Gesetz mit der liberalen Grundhaltung des schweizerischen Familienrechts nicht vereinbar“. So etwas kann man nicht festschreiben. Wieder gilt die Weisheit der integrierten Mediation: Es kommt auf Bedeutung, Zweck und Verständnis an, nicht auf die Form. Kooperieren die Eltern, ist das betreuungsmodell egal. Konkurrieren sie, ist jedes Modell das falsche. Der Weg muss also sein, die Eltern in ein kooperatives Verständnis voneinander und dem Kind zu bewegen.Wieder ein Argument für die Integrierte Mediation!
  • „Schaut man sich die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten zehn Jahre an, dann klafft in vielen Fällen eine Lücke zwischen den Rollenbildern in den Köpfen der Richter und der daraus resultierenden Urteilspraxis – und den gelebten Verhältnissen. Besonders bei Fällen, in denen sich der Vater während des Zusammenlebens an der Pflege und Erziehung des Kindes beteiligt hat, sollte es «eine Selbstverständlichkeit sein», wie es im Nationalrat während der Debatte hiess, dass dies auch nach einer Trennung oder Scheidung möglich ist.

Der Artikel führt weiter aus, dass in der Realität eine geteilte Betreuung oft aus finanziellen Gründen nicht möglich ist. Also bleibt nur der Weg in die Einsicht. Spannend ist die Erkenntnis:

      „Die alte Weisheit «Drum prüfe, wer sich bindet» ist somit auch in einer Gesellschaft, die sich zunehmend individualisiert, brandaktuell. Denn die Wandlung der Ehe vom wirtschaftlichen Zweckbündnis zu einem Liebespakt hat ihre Tücken, die sich auch in der Rechtsprechung zeigen. Für den modernen Menschen unterstehen heute Sexualität und Liebe der Norm der Freiheit. Er beansprucht die Autonomie, Beziehungen einzugehen und zu beenden, wie es ihm gefällt, und versieht sie mit jedem emotionalen oder institutionellen Inhalt, der ihm beliebt. Die Ansprüche an den Partner und die romantische Liebe ändern sich in immer kürzeren Zeitabständen, was sich an der hohen Zahl der Scheidungen zeigt. Das Konzept der Freiheit funktioniert aber nur, solange ein Mensch für seine Handlungen auch Eigenverantwortung übernimmt“. Hier kommt das Problem hinzu, dass er auch Verantwortung für das schutzbefohlene Kind zu übernehmen hat. Und die kann ihm niemand abnehmen. Kein Gesetz, kein Urteil und keine Politik. Diese sollte sich also, ebenso wie die Gerichte oder die Gesellschaft nicht fragen: „Wie lösen wir das Problem der zerbrochenen Familie?“, sondern: „Wie erreichen wir dass in der zerbrochenen Familie jedes Familienmitglied die ihm zustehende Verantwortung SELBST übernimmt. Modelle lösen das Problem nicht das Erkenntnis voraussetzt.