Haben Sie nicht auch sofort eine Assoziation, wenn Sie den Begriff „integrierte Mediation“ zu hören bekommen? Viele Menschen haben sofort eine Vorstellung von dem, was integrierte Mediation bedeuten mag. Manche streiten sogar darum und glauben zu wissen, dass es in Wirklichkeit gar keine Mediation ist. Andere wiederum glauben zu wissen, dass es doch gar nichts anderes ist als Mediation. Für mich ist „integrierte Mediation“ ein Unterfall der Mediation auch dann, wenn die Mediation nicht in einem selbständigen  Verfahren statt findet.

Viele Mediatoren verwenden die Techniken der Mediation gerne auch ausserhalb derselben. Sie werden die Erfahrung machen, dass aktives Zuhören, Paraphrasieren, Verbalisieren auch dort dazu beiträgt, die Qualität der Kommunikation wesentlich zu verbessern. Sie machen auber auch die Erfahrung, dass eine Konfliktlösung allein dadurch nicht ohne weiteres herbeizuführen ist. Möglicherweise führt diese Erfahrung zu der von vielen Mediatoren vertretenen Erkenntnis, dass eine mediative Streitbeilegung tatsächlich nur im Rahmen eines selbständigen (isolierten) Mediationsverfahrens möglich sei. Diese Auffassung hat gute Gründe. Sie wird durch Erfahrungen wie im Altenkirchener Modell relativiert und teilweise widerlegt. Die integrierte Mediation wurde in einem Justizprojekt „integrierte Mediation in Familiensachen“ erfolgreich erprobt und als besonders effizient für die Gerichtsbarkeit evaluiert (siehe „Evaluation der integrierten Mediation„).

Zunächst sei herausgestellt, dass die integierte Mediation nicht ausschließlich in einem Gerichtsverfahren möglich und gedacht ist. Sie lässt sich in jede Form der Streitbewältigung einbeziehen. Besonders zu denken ist an die innerbetriebliche Konfliktlösung. Hier kann die Einbeziehung der integrierten Mediation eine wichtige Rolle spielen zur Konfliktvermeidung.

Die integrierte Mediation erkennt die hinter dem Verfahren liegende Logik. Sie beginnt mit einer Zielvereinbarung, unterscheidet Positionen und die dahinter liegenden Interessen. Die Erörterung von Lösungen wird den Bemühungen um eine Klärung hintangestellt. Strategisch zielt die integrierte Mediation darauf ab, eine Kooperation der Parteien zu fördern und – soweit möglich – auch zu ermöglichen. Dabei werden die Methoden des Verstehens, Vermittelns und Verhandelns kommen zur Anwendung. Die Besonderheit der integrierten Mediation besteht darin, dass sie die Mechanismen der zugrunde liegenden (Verfahrens-)Verhältnisse für den mediativen Prozess zu Nutzen weiß. Sie versteht es beispielsweise, Abläufe der Mediation im schriftlichen Gerichtsverfahren abzubilden oder in den Vorbereitungen zu einem betrieblichen Meeting. Ausschlag gebend für den Erfolg aller Kooperationsbemühungen ist die Haltung des Dritten und seine Rollenklarheit.

Die integrierte Mediation beschreibt die Mediation mit den Vor- und Nachwehen. Der Blick geht weiter als das das förmlich eingeleitete Verfahren selbst. Er beginnt also dort, wo die Mediation noch nicht wirkliuch im Blick der Parteien ist. Also dort, wo noch die Konfrontation angesagt ist. Eine Migration beschreibt dann den Weg mediativen von der Konfrontation zur Kooperation. Ihr Ziel ist es, eine konsensuale Vereinbarung zur Konfliktbeilegung zu ermöglichen. Dabei benutzt sie die Kompetenz der vorhandenen Gegebenheiten oder der gerade laufenden verfahren und Vorgänge, um dieses Ziel zu erreichen.  So mag sie den Übergang vom streitigen Verfahren in einen Vergleich oder vom Gerichtsverfahren in eine Mediation bewirken. Die Mediation kann den Bogen über alle diese Verfahren, einschließlich der Mediation selbst spannen, weil sie in erster Linie als ein psychologischer Prozess begriffen wird. Die formale Bedeutung des Verfahrens tritt demgegenüber in den Hintergrund.

Der Begriff der integrierten Mediation ist mit zahlreichen Veröffentlichungen wissenschaftlich eingeführt.

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