Was passiert, wenn die Partei unzufrieden ist mit der Mediation?

Eigentlich sollte dies in einer Mediation nicht vorkommen. Trotzdem kann es passieren, dass eine Partei unzufrieden ist. Was passsiert jetzt? Kann sie vom Mediationsvertrag zurücktreten oder den Mediator in Regress nehmen? Hier sind verschiedene Fälle zu differenzieren: Die Unzufriedenheit kann sich auf die Mediation beziehen oder auf das Ergebnis.

Warum dies nur eine theoretische Frage sein sollte

Die Mediation hat – wenn sie nach den Regeln der Kunst durchgeführt wird – ein eingebautes, immanentes Qualitätsmanagement. Schon deshalb ist der Fall zumindest theoretisch ausgeschlossen, dass ein zu bereuendes Ergebnis zustande kommt. Auch die Unzufriedenheit mit der Mediation selbst würde in der Mediation in der Mediation irgendwie zum Vorschein kommen und vom Mediator dann angesprochen werden. Sinnvoll ist es deshalb, wenn der Mediator nach jeder Sitzung sich bei den Parteien erkundigt, ob sie das Gefühl haben, weitergekommen zu sein mit dem Gespräch. Zweifel oder Fragen zur Mediation lassen sich dann direkt beseitigen. Die Parteien sind gut beraten, wenn sie Bedenken über das Verfahren oder das Verhalten des Mediators oder eine irgendwie geartete Unzufriedenheit offen zu legen und direkt anzusprechen. Auch dann, wenn der Mediator dies nicht bemerken sollte. Der Mediator ist gut beraten, die Parteien schon zu Beginn der Mediation auf diese Möglichkeit hinzuweisen.

Die Mediationsreue

Diesen Begriff führe ich analog zur Vertragsreue ein. Mit der Vertragsreue beschreiben die Juristen ein Phänomen, wo jemand einen Vertrag abgeschlossen hat, diesen aber am liebsten wieder rückgängig machen will. Das beste Beispiel ist der Kauf eines Gegenstandes, den man beim Vertragsabschluss für erforderlich hielt, obwohl sich später herausstellt, dass man ihn gar nicht gebraucht hätte. Juristisch fiele diese Meinungsänderung in die Kategorie eines so genannten Motivirrtums. Motivirrtümer, so lernen die Juristen, sind grundsätzlich unbeachtlich. Das Kaufmotiv spielt in der Juristerei also keine Rolle. Hier gilt der Grundsatz: Vertrag ist Vertrag.

Kein Wunder, wenn die Parteien jetzt versuchen, den Vertrag auf anderem Wege zunichte zu machen. Möglichkeiten ergeben sich über eine Anfechtung oder die Geltendmachung einer Unwirksamkeit. Die Gründe für die Anfechtbarkeit und die Unwirksamkeit sind im Gesetz abschließend aufgezählt. Grundsätzlich sind dies die Fälle der Willensmängel (Irrtum oder Täuschung) bzw. des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot oder die Sittenwidrigkeit. Wir unterscheiden also Mängel beim Zustandekommen der Vereinbarung und inhaltliche Mängel.

Willensmängel beim Zustandekommen einer Mediationsvereinbarung dürfte es – wie gesagt – eigentlich nicht geben. Der Mediator will die Parteien nicht in eine Vereinbarung zwingen, nur um das Verfahren erfolgreich abzuschließen. Für einen professionellen Mediator ist das Zustandekommen der Mediationsvereinbarung auch nicht unbedingt das ausschlaggebende Erfolgskriterium einer Mediation. Für ihn ist eine gescheiterte Mediation (also eine Mediation ohne abschließende Mediationsvereinbarung), die die Parteien vor einem falschen Ergebnis bewahrt ebenso erfolgreich wie eine Mediation, in der die Parteien das richtige Ergebnis gefunden haben. Nicht ertragen könnte er ein Ergebnis, mit dem die Parteien nicht zufrieden sind, egal wie das aussehen könnte.

Um sicher zu gehen, dass die Parteien wirklich das vereinbaren, was sie eigentlich wollten, sieht die Mediation deshalb für die neben den immanenten Kontrollmechanismen eine transzendente Kontrolle vor. In der Phase 5 wendet der Mediator deshalb weitere Qualitätskontrollen an. Der Mediator wird den Parteien hinreichend Zeit lassen, sich zu informieren und gegebenenfalls beraten zu lassen. Er wird nicht auf Zeit drängen und schon gar nicht auf den Abschluss einer Vereinbarung. Das ist einer der Gründe, warum die so genannte Kurzmediation, die die Parteien in ein zeitliches Kosett zwängt so umstritten ist. Der Mediator soll in Phase 5 ergänzende und kontrollierende Fragen stellen, welche ihm zeigen wie ernsthaft und überlegt das Ergebnis für die Parteien ist. Er wird auch die Nachhaltigkeit hinterfragen und die Chancen und Risiken aufdecken, die mit ihr verbunden sind. Vorher, in Phase 4, hat er WATNA/BATNA durchgeführt und andere Ergebnisse beleuchtet. Wenn er die Parteien auf die Freiwilligkeit hingewiesen hat und diese besonders auf den Abschluss des Ergebnisses bezogen hat, dann sollten die Parteien auch den Mut haben zu sagen, wenn das Ergebnis nicht gefällt. Auch ohne den Mut aufbringen zu müssen, wird der Mediator sich dafür interessieren. Dann sollte doch eigentlich nichts schief gehen.

Die Haftung bei Mediationsreue

Was aber passiert, wenn doch etwas schief gelaufen ist?

Die Parteien sollen das Ergebnis in eigener Verantwortung finden und auf die eigene Verantwortung aufbauen. Daraus folgt, sie sind grundsätzlich selbst verantwortlich für das, was sie tun und vereinbaren. Diese Verantwortung gilt es beim Abschluss der Mediationsvereinbarung wahrzunehmen und zu erkennen. Es obliegt dem Mediator die Parteien darauf ausreichend und in gehöriger Form hinzuweisen.

Lassen sich die Parteien dennoch auf eine Vereinbarung ein, die sie nicht wirklich gewollt haben, dann ist dies allein kein ausreichender Grund den Vertrag zunichte zu machen.

Wie gesagt, es müsste ein Anfechtungsgrund vorliegen. Der könnte drin zu sehen sein, dass die gegnerische Partei mit falschen Daten operiert hat oder wenn ein sogenannter Erklärungsirrtum vorliegt. Ist der Vertrag auf diese Weise nicht direkt anzugreifen oder zunichte zu machen, steht natürlich der Weg frei in eine abändernde Vereinbarung. Deshalb empfiehlt es sich Klauseln in eine Mediationsvereinbarung einzuabauen, die ein einem solchen Fall ein Nachverhandeln ermöglichen.

Sekundäransprüche

Ist der Vertrag unanfechtbar wirksam, dann kommen nur so genannte Sekundäransprüche in Betracht, also Schadensersatz. Anspruchsgegner können sein: der Mediator oder ein Berater, wie etwas ein beratender Rechtsanwalt.

Ansprüche gegen den Mediator

Ansprüche gegen den Mediator sind nur denkbar, wenn sein Verhalten gegen die Regeln der Kunst verstoßen hat und wenn der Regelverstoß kausal für den Schaden geworden ist. Ob und welcher Schaden eingetroffen ist hängt jetzt von einer mehr oder weniger hypothetischen Überlegung ab, ob und inwieweit anderenfalls ein anderes Ergebnis überhaupt zustande gekommen wäre.

Dann kommt es darauf an, dass der Mediator gravierende Fehler begangen hat. Gravierende Fehler sind immer zu untersuchen, wenn die Mediationsprinzipien verletzt werden, wenn der Mediator seine Rolle falsch eingeführt hat oder wenn er sich ausserhalb dieser vorgegebenen Rolle bewegt hat, ohne die Parteien darauf hinzuweisen. Wenn er sich objektiv überfordert hat und Beratungsinhalte eingebracht hat. Wenn der Mediator beratende Elemente einbringt,  dann muss er dafür gerde stehen. Der Haftungsanspruch des Medianden ergibt sich dann aus dem Mediationsvertrag.

Ansprüche gegen den Anwalt

Bei einem in der Mediation anwesenden oder bei einem im Hintergrund beratenden Rechtsanwalt wäre der haftungsausfüllende Tatbestand in einem Beratungsfehler zu finden. Hier wäre der mangelnde oder falsche Hinweis auf die Konsequenzen der Vereinbarung oder ihre rechtlichen Voraussetzungen ein haftungsauslösender Grund.