Der Demütigungswahn

Eine PR Beraterin freute sich so sehr auf ihren Besuch in Afrika, dass sie twitterte: „Going to Africa. Hope I don’t get AIDS. Just Kidding. I’m White!“. Noch bevor sie ankam, war sie gefeuert. Die Bemerkung wurde als rassistisch eingestuft. Was versteht ein Mediator, wenn er so eine Aussage hört?

Gar nichts. Er würde es nicht verstehen. Denn die Aussage ist falsch und man darf unterstellen, dass die PR Beraterin weiß, dass die Hautfarbe nicht vor Aids schützt. Auch falls man glaubt, sie habe sagen wollen, Weiße seien schlauer und wüssten sich zu schützen, ist diese Aussage objektiv falsch, gibt es doch genügend Weiße, die ebenfalls infiziert sind. Möglicherweise wollte sie davor warnen, Aids auf die leichte Schulter zu nehmen und nicht zu glauben, dass etwa die Hautfarbe vor der Infektion schützen könnte. Alles ist Spekulation. Aber was sagen die Leser über sich, wenn sie bei einem völlig unlogischen Satz genau zu wissen glauben, was gemeint ist? Was sind nur ihre Vorstellungen?

Die Ironie des Schicksals ist, dass die getwitterte Aussage soviel aufgewirbelt hat, dass die Aufmerksamkeit für Hilfsorganisationen laut einem NTV Bericht daraufhin gestiegen ist. War die Äußerung der PR-Beraterin am Ende ein selbstaufopfernder PR-Trick?

Zur Kommunikation gehören zwei. Der Sender, der die Verantwortung dafür trägt seine Information so zu senden, dass sie korrekt verstanden wurde, und der Empfänger, der die Verantwortung trägt sie korrekt zu verstehen. Solange darüber keine Verständigung besteht, was korrekt ist oder nicht, kommt es dann auf die Absicht (die gemeinte Bedeutung) an oder auf den Empfängerhorizont (die verstandene Bedeutung) und worauf kommt es an, wenn der Satz gar keinen Sinn ergibt?

Ein Mediator jedenfalls hätte gefragt, was so eine Aussage bedeuten soll, bevor er sich überhaupt ein Bild machen kann.

Going to Africa. Hope I don’t get AIDS. Just Kidding. I’m White!

Und er tut gut daran. Jon Ronson ist später in seinem Buch „In Shitgewittern“ dem Phänomen nachgegangen und hat erforscht was aus den Opfern eines Shitstorms wird. Sacco wollte nur einen Witz machen. Das was man ihr vorgeworfen hat, hatte sie nicht im Sinn. Ronson nennt den Vorgang im Internet einen Demütigungsprozess, wo an sich machtlose Menschen plötzlich die Macht der Bestrafung spüren können. Ähnlich wie beim Pranger im Mittelalter. Frau Sacco hatte ihr Leben zerstört. 

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Über das Buch von Ronson: Deutschlandfunk
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