Allein wenn Sie sich die Begrifflichkeiten anschauen, dann fällt es schwer, den Überblick zu wahren. Da gibt es das Schiedsamt oder die Gütestelle, es gibt Verbraucherschlichtungsstellen, Ombudsmänner, Mediationspraxen, ganz zu schweigen von den Rechtsanwaltskanzleien, den sonstigen Schlichtungsstellen, den Shuttles der Rechtsschutzversicherungen und den Gerichten, wo plötzlich ein Güterichter zuständig wird. Ist zu viel vom Guten wirklich gut? Gibt es eine Schlichtungs- oder Schiedsamtskonkurrenz?

ADR

Die Rede ist von der außergerichtlichen Streitbeilegung (ADR). Früher hätte man das wohl Schlichtung genannt. Heute ist die Schlichtung ein mit der Mediation konkurrierendes Produkt. Das Schiedsamt ist eine Institution, die verschiedenen ADR Verfahren anwenden kann. Das macht Ihre Orientierung nicht gerade leichter. Die folgende Aufstellung mag eine Hilfestellung darstellen. Bitte beachten Sie, dass nachfolgend Anlaufstellen genannt werden, nicht die Verfahren. Dennoch hängt die Wahl der Anlaufstelle vom durchzuführenden Verfahren ab. Letztlich ist es der Kunde, also der Konflikt- oder Streitbetroffene, der den Weg durch den Dschungel der Konfliktbeilegungsverfahren finden muss, um sich für die ein- oder andere Anlaufstelle entscheiden zu können. Die folgende Übersicht mag ihm dabei helfen:

Schiedsamt

Das gemeindliche Schiedswesen in Deutschland dient der Beilegung weniger bedeutsamer strafrechtlicher und zivilrechtlicher Angelegenheiten. Schiedspersonen, auch Friedensrichter, Schiedsmänner oder Schlichter genannt, führen ein sogenanntes Schiedsverfahren, das aber auch eine Mediation sein kann oder eine Schlichtung. Zu beachten ist, dass der Begriff „Schiedsverfahren“ in dem Zusammenhang nicht technisch iSd Arbitration zu verstehen ist.

Nach § 380 StPO kann ein Schiedsverfahren als Sühneversuch vorgeschrieben sein, ehe ein Strafverfahren (Privatklage) wegen Hausfriedensbruchs, Beleidigung, Verletzung des Briefgeheimnisses, Körperverletzung (§§ 223 und 229 des Strafgesetzbuches), Bedrohung, Sachbeschädigung und Vollrausch (§ 323a des Strafgesetzbuches) anhängig gemacht wird. Ein Schiedsmann kann aber auch in anderen Fällen (dann aber freiwillig) angegangen werden, wenn es um eine Schlichtung geht.

Das Amt des Schiedsmanns ist ein Ehrenamt. An Kosten fallen deshalb nur Porto- und Sachauslagen an. Auch wenn der Schiedsmann so genannt wird, entscheidet er nicht. Stattdessen führt er einen Vergleich herbei, aus dem allerdings – anders als bei dem Mediator – gegebenenfalls  unmittelbar die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Gütestelle

§ 15a EGZPO besagt, dass durch Landesgesetz bestimmt werden kann, dass die Erhebung einer Zivilklage erst zulässig ist, nachdem von einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen. Das gilt (wenn das Landesrecht dies vorsieht) in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 750 Euro nicht übersteigt, in Streitigkeiten über Ansprüche aus dem Nachbarrecht nach den §§ 910, 911, 923 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und nach § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie nach den landesgesetzlichen Vorschriften im Sinne des Artikels 124 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuches, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt, in Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen worden sind und in Streitigkeiten über Ansprüche nach Abschnitt 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

Bevor der Kläger in solchen Streitigkeiten Klage bei Gericht einreicht, muss er einen gescheiterten Güteversuch unternommen haben. Der Kläger hat darüber eine Bescheinigung vorzulegen. Gütestellen sind von den Schiedsämtern zu unterscheiden. Sie werden oft von Rechtsanwälten eingerichtet und arbeiten nicht unentgeltlich. Welches Verfahren die Gütestellen anwenden (Mediation, Schlichtung), bleibt ihnen überlassen.

Verbraucherschlichtungsstelle

Verbraucherschlichtungsstellen können nach dem, seit 1.4.2016 in Kraft befindlichen VSBG eingerichtet werden. Ihnen steht ein Streitmittler vor, der ein Streitbeilegungsverfahren durchführt, das auch eine Schlichtung oder eine Mediation sein kann. Die Verbraucherschlichtungsstellen sind zuständig für die außergerichtliche Beilegung von Streitigkeiten durch eine nach dem VSBG anerkannte private Verbraucherschlichtungsstelle oder durch eine nach diesem Gesetz eingerichtete behördliche Verbraucherschlichtungsstelle unabhängig von dem angewendeten Konfliktbeilegungsverfahren. Die Verbraucherschlichtungsstelle bearbeitet zivilrechtliche Streitigkeiten, an denen Verbraucher oder Unternehmer als Antragsteller oder Antragsgegner beteiligt sind. Mediationen und Schlichtungen dürfen auch von anderen Stellen durchgeführt werden, die sich allerdings nicht Verbraucherschlichtungsstelle nennen dürfen. Das Verfahren vor der Verbraucherschlichtungsstelle ist nicht kostenfrei.

Schlichtungsstellen, Ombudsmänner & Co

Viele Branchen bieten seit je her Schlichtungen an. Eine Schlichtungsstelle ist die Einrichtung einer Körperschaft, vor der Streitfälle außergerichtlich behandelt werden. So gibt es ärztliche Schlichtungsstellen, die Schlichtungsstellen der Kreditinstitute u.v.a.m. Der Ombudsmann erfüllt die gleiche Funktion. Auch er wird eingerichtet, um Streitigkeiten einvernehmlich zu regeln.In dem Umfeld der vorgerichtlichen Verfahren könnte auch die telefonische Shuttle Mediation der Rechtsschutzversicherungen gesehen werden. Dabei handelt es sich um sogenannte sondierende Mediationen, die ebenfalls kostenlos sind.

Verwirrende Konkurrenz

Das Angebot an außergerichtlicher Konfliktbeilegung ist ebenso groß wie unübersichtlich und verwirrend. Die Gegenüberstellung macht deutlich, dass die verschiedenen Anlaufstellen durchaus gleiche Verfahren einsetzen. Dabei setzt man sich sogar über die Benennungen hinweg. Eine Schlichtungsstelle ist trotz und entgegen ihres Namens nicht auf eine Schlichtung im technischen Verfahrensverständnis beschränkt. Sie kann also ebensogut eine Mediation anbieten, wie ein Verfahren der Schiedsgerichtsbarkeit. Insofern unterscheidet sie sich nicht von einem frei niedergelassenen Mediator. Nicht einmal die Kompetenz lässt sich anhand der Begrifflichkeit indizieren, seit wir auch Schiedsämter haben, die nicht mit Schiedsmännern, sondern mit Mediatoren besetzt sind.

Der Unterschied liegt letztlich in der Zugänglichkeit, der Unabhängigkeit, dem Grad der Professionalisierung und den Kosten!

Ansonsten scheint die Wahl der Anlaufstelle beliebig zu sein. Es obliegt dem Verbraucher zu entscheiden, welche Maßnahme er sich leisten kann und will und zu welchem Dienstleister er das größte Vertrauen aufbauen kann. Die Frage ist, woran er das erkennen mag, wenn sich die Verfahren nicht unterscheiden. Eine Vermutung spricht dafür, dass ein professioneller Anbieter, der die Dienstleistung als Spezialist, also singulär und hauptberuflich ausführt und von seinem Angebot leben muss, mehr investiert als jemand, der das Angebot ehrenamtlich oder nur ergänzend als Nebenjob anwendet. Den Dienstleistern ist anzuraten, die Konsumenten darauf hinbzuweisen und ihnen eine Entscheidungshilfe zu geben, indem sie ihre Leistungsmerkmale (USP) offen legen.

Foto by Bubo (Self-photographed)

[CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)]