Standards für telefonische Shuttle-Mediationen der Rechtsschutzversicherungsmediationen (StSRV). Es geht um die Beantwortung der Frage, ob es sich dabei überhaupt um eine Mediation handelt und wie sie gegebenenfalls durchgeführt werden muss, damit es eine Mediation nach den Regeln der Kunst ist. Die StSRV wurden von dem Verband Integrierte Mediation entwickelt.

Standards für die telefonische Shuttle Mediation

Der Begriff „telefonische Shuttle Mediation“ hat sich für eine erfolgreiche Praxis der Rechtsschutzversicherungen geprägt. Mitunter wird die Vorgehensweise auch als Telefonmediation bezeichnet. Der Versicherungsnehmer wird im Rahmen des Erstkontakts mit der Versicherung auf die für ihn und den Gegner kostenlose Möglichkeit der telefonischen Shuttle Mediation hingewiesen. Erklärt er sich damit einverstanden, erhält er den Anruf eines von der Versicherung ausgewählten Mediators. Der Mediator bespricht den Fall und die Vorgehensweise und holt sich ein Einverständnis ein, den Gegner anzurufen.

Die Telefonmediation unterfällt der Kategorie der Onlinemediation. Es ist möglich und mitunter sogar beabsichtigt, die Onlinemediation in eine Präsenzmediation zu überführen. Die Mediationsformate können also gemischt werden. Im Bereich der Onlinemediation wird zwischen der synchronen (also zeitgleichen) und asynchronen (also zeitlich versetzten) Kommunikation unterschieden, wobei beide Formen zugelassen sind.

Die Shuttle-Mediation wird mit „Pendelmediation“ übersetzt. Meist ist sie als Präsenzmediation ausgestaltet, wobei der Mediator mit den Medianden getrennt Verhandlungsblöcke abarbeitet. In den getrennten Gesprächen können mehrere Phasen abgewickelt werden. In Amerika ist der Caucus (also das getrennte Gespräch) nach Phase 2 für die Phasen 3 und 4 gebräuchlich. Die Parteien befinden sich demnach zu Beginn und am Ende der Mediation in einer joint session. In England ist es nicht unüblich, der Mediation ein Shuttle voranzustellen. International ist die Shuttle Mediation nicht nur anerkannt, sondern auch gebräuchlich.

Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass die Mediation eine höchst unvollkommene Dienstleistung ist, weshalb es umso wichtiger ist, das Verfahren und die damit einhergehenden Dienstleistungen präzise gegeneinander abzugrenzen. Dies gilt umso mehr, wo sich die Dienstleistungselemente (Clearing, Beratung, Zuweisung des Mediators, Mediation, Abwicklungshilfe) vermischen. Die von der Rechtsschutzversicherung unterstütze Mediation wird aus dem Versicherungsverhältnis geleistet. Die Mediation ist für den Versicherungsnehmer kostenlos, weshalb die Grundsätze der Donatormediation zur Anwendung kommen. Aus der Kundensicht ist die erwartete Hilfe nicht unbedingt eine Mediation, sondern rechtliche Unterstützung. In vielen Fällen ist die Frage nach dem richtigen Verfahren noch unklar. Der Versicherungsnehmer benötigt also ein Clearingverfahren, um den richtigen Weg zu Erkennen. Wenn das Clearingverfahren nicht vorgeschaltet wird, wäre die sondierende Mediation ein Verfahren, das mit dieser Anforderung zurecht kommt.

Anwendbarkeit des Gesetzes

Das deutsche Mediationsgesetz erwähnt weder die Begriffe „Telefonmediation“, noch „Shuttle- oder Pendelmediation“. Erst recht geht es nicht auf die Spezialformen der Mediation ein. Das Mediationsgesetz ist allerdings anwendbar, weil die Voraussetzungen des § 1 MediationsG erfüllt sind. Die ungeschriebenen Tatbestandsmerkmale, dass der Mediator ausgebildet sein muss und dass ein Rechtsbindungswille vorliegen muss, stehen einer Shuttle Mediation ebenfalls nicht im Wege.

Getrennte Gespräche

§ 2 Abs. 3 MediationsG erlaubt getrennte Gespräche. Sie sind möglich, wenn sie im „allseitigen Einverständnis“ erfolgen. …

Auswahl des Mediators

Ein Problem könnte es darstellen, wenn der Mediator vom Versicherer vorgegeben oder eingesetzt wird. § 2 Abs. 1 MediationsG verlangt, dass die Parteien den Mediator wählen können. Das VSBG erkennt aber offenbar auch dann eine Mediation an, wenn der Streitmittler, wie ihn das VSBG bezeichnet, vorgegeben ist. Rechtsfolge bei unterlassener Wahlmöglichkeit ist der Verlust auf den Honoraranspruch. Den kann auch die Rechtsschutzversicherung geltend machen, weil der Mediator einen gravierenden Fehler begeht, wenn er die Wahlmöglichkeit und – verbunden mit ihr – die Freiwilligkeit nicht korrekt installiert. Eine größere Gefahr ist die Sorge, dass dieses Verhalten des Mediators bei den Parteien den Eindruck hinterlässt, dass es sich um alles handele, aber nicht um eine Mediation. Der Fehler besteht darin, dass der Mediator ein Verfahren führt, das dem Wesen der Mediation nicht entspricht. Das Honorar zahlt zwar die Versicherung. Ihr gegenüber verwirkt der Mediator aber auch den Anspruch, wenn er Kunstfehler begeht, obwohl eine Mediation geschuldet wird.

Honorierung

Die Honorierung führt zu einer weiteren Besonderheit, wie wir sie von sogenannten Donatormediationen kennen. Der Mediator muss das Konzept der Honorierung offen legen und die Konsequenzen ausweisen. Er hat eine gesteigerte Pflicht, die Frage anzusprechen.

Clearing

Eine andere Herausforderung ist die Abgrenzung der Verfahren. Der Versicherungsnehmer ist oft noch in einer Sondierungsphase. Das bedeutet: er ist noch gar nicht auf die Mediation festgelegt. Im Grunde geht es auch um ein Verkaufsgespräch, bei dem die Motivation zum Verkauf der Mediation unter den Anbietern (Mediator / Rechtsschutzversicherung) durchaus auseinanderfallen können.

Unabhängigkeit

Viele Rechtsschutzversicherungen bilden sich eigene Mediatoren heran. Der Grund ist ein Misstrauen in die Kompetenz der Mediatoren und der Wunsch, die Mediation nach Möglichkeit mit Erfolgsgarantien ausführen zu wollen. Nur so verwirklicht sich das Kundenbetreuungskonzept. Auch wenn ihr offizieller Auftraggeber statt der Rechtsschutzversicherung eine anders lautende aber von ihr gehaltene Firma ist, ändert sich nichts an den Interessen und Abhängigkeiten. Auf der einen Seite ist es löblich, wenn die Rechtsschutzversicherungen Mediation empfehlen. Es ist allerdings verdächtig, wenn sie dazu Mediatoren beauftragen, die dadurch in ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis geraten.

Interessenkollision

Das unmittelbare Engagement der Rechtsschutzversicherungen für die Mediation geschieht nicht ohne eigenes Interesse. Die Rechtsschutzversicherungen sparen, wenn der Fall statt vor Gericht durch Mediation gelöst wird. Sie haben also ein hohes Interesse an einer Lösung, die einen gerichtlichen Streit verhindert. Das Interesse könnte die Leistung des Mediators in verschiedener Hinsicht einschränken. Einmal, weil er seinen Auftraggeber befriedigen will und deshalb möglicherweise nicht mehr ganz neutral ist und zweitens, weil er den Fokus eher auf die Einigung setzt und dazu tendiert evaluativ zu mediieren.

Handlungsanleitungen

Aus all den Überlegungen ergeben sich Handlungsanleitungen an einen Mediator der für Rechtsschutzversicherungen arbeitet oder von diesen beauftragt wird, die sich in folgenden Regeln der Kunst bei rechtsschutzindizierten Mediationen festschreiben:

  • § 2 Abs. 1 MediationsG: Parteien müssen den Vorbehalt haben, den Mediator zu wählen. Der Mediator hat auf diese Option hinzuweisen
  • § 3 Abs 1 MediationsG: Der Mediator muss die Abhängigkeit zur Rechtsschutzversicherung offenlegen und die Vertragsbeziehungen sowie die Bezahlungsmodi, damit die Parteien sich von seiner Neutralität und Unabhängigkeit überzeugen können
  • Wegen der besonderen Interessenlage ist die Rechtsschutzversicherung gegebenenfalls wie eine Partei zu behandeln
  • Rechtsinformationen sind zulässig, Rechtsberatung nicht.
  • Rechtsberatung ist hinsichtlich der Verfahrenswahl zulässig, wobei eine klare Abgrenzung der Clearinginstanz erforderlich wird.
  • Werden Regeln (wie bei institutionalierter Mediation üblich) vorgegeben, hat der Mediator darauf hinzuweisen, dass diese nur verbindlich sind, wenn sich die Parteien diesen unterwerfen (wenn sich die Parteien diese aktiv zu eigen machen)
  • Die Beratung über Verfahren /und Vorgehen ist zwingend. Dabei ist zwischen Modellen zu unterscheiden.
  • Ein Abbruch der Mediation muss erfolgen, wenn eine Partei sich nicht auf Suche nach Lösung einlässt.
  • Ein Hinweis auf die Möglichkeit der Präsenzmediation muss erfolgen.

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