Für diejenigen, die sich jetzt fragen was ein Mac ist, es ist ein Apple PC. Nun werden Sie fragen, was haben mein Mac und die Mediation gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts. Bei genauerem Hinsehen eine ganze Menge. Die Apple Welt ist für mich eine Metapher dafür geworden, wie wir mit der Mediation umgehen.

In der Mediationsszene interessieren sich alle gerade für das neue Mediationsgesetz. Es ist auffällig, dass sich viele Mediatoren und Mediatorenvereinigungen selbst veranlasst sehen, eine  eigene Stellungnahme beim Ministerium und dem Gesetzgeber vorzulegen. Das allein spricht schon für sich. Die Mediationsabteilung des Bundesjustizministeriums gerät förmlich aus den Fugen. Als ob man dort alles liest was eingereicht wird? Ob man überhaupt in der Lage ist die vielen tollen Ideen zu begreifen und zu verarbeiten? Ich habe so meine Zweifel. Statt sich auf die Schwarmintelligenz einzulassen, erscheint die Arbeit im Ministerium eher selektiv. Die Selektion ist ein Produkt guter Lobbyarbeit. Das hat nichts mit Mediation zu tun. Es ist die Herstellung von Machtverhältnissen über vermeintliche Mehrheiten. Es ist das, was wir Demokratie nennen. Mehrheit statt Konsens. Das Gesetzgebungsverfahren beschreibt den Weg, wie etwas durchzusetzen ist. Es ist das Thema Nummer eins und alle hoffen, sich dort wiederzufinden. Im Namen der Mediation!

Nun komme ich zu meinem Mac. Ich bin ein Windows User der ersten Stunde und versuche seit Jahren, mich aus den Microsoft Klauen zu befreien. Selbst in IT Fragen nicht unbeleckt, habe ich mich von der Mac Fangemeinde beeindrucken lassen. Heißt, ich habe mich vor 3 Monaten dazu durchgerungen einen Apple PC zu kaufen. Jetzt hab ich auch einen Mac. Leider bemerkte ich zu spät, dass die Apple Klauen viel rigoroser sind als die von Windows, dass alles teurer ist. Einfacher, wie behauptet, ist es nur dann, wenn man sich in die Apple Welt einfügt. Alles ist wunderbar, wenn man Musik und Videos nur noch im Apple Store kauft und sich auf die Appleformate beschränkt, die iTunes bereit stellt. Natürlich sind Apple und Microsoft Formate nicht kompatibel. Das passt nicht in das Unternehmenskonzept bei dem die Kundenbindung mit der Kundenknebelung verwechselt wird. Alles ist ganz schlimm, wenn man innerlich nicht darauf eingestellt ist, sich knebeln zu lassen.

Da sehe ich jetzt die Parallele zur Mediation. Das Gesetz scheint irgendwie mit der Apple Welt vergleichbar zu sein. Es gibt Regeln und Vorstellungen davon, wie die Menschen sich zu verhalten haben. Alles ist gut durchdacht und wunderbar. Sicher, das Gesetz ist recht moderat. Aber es ist erst der erste Schritt in eine Verreglementierung. Am Anfang war Apple auch moderat. Jetzt definieren sie den Markt.

Was ist, wenn man sich nicht in die Apple Welt einfügen will? Was ist, wenn man eigene Ideen verfolgt, neue Konzepte der Kooperation? Das wird schwierig sein. Dann ist man in der neuen Welt auch nicht willkommen. Das stört nicht nur die Veranstalter. Es stört auch die Gemeinde. „Das ist keine Mediation, das darf man nicht“ lautet die Antwort. Nun können Sie sagen: „Das macht doch nichts. Man muss sich halt unterordnen wenn man Mitglied dieser Gemeinde sein will. Und wenn nicht kann man ja eine neue, eigene Gemeinde aufmachen. Also wo liegt das Problem?“ Die Frage scheinen sich viele zu stellen. Immer noch gründen sich neue Mediatorenvereinigungen. Noch immer gelingt es nicht, einen gemeinsamen Nenner unter einem einheitlichen Dachverband zu finden. Was als gemeinsam deklariert wird ist die Unterwerfung unter faktische Zwänge. Jeder  hat so seine eigenen Vorstellungen; auch über die Mediation. Ein abgestimmtes Profil des Mediators gibt es noch nicht. Eine gemeinsame Vision ist nicht in Sicht. Nicht einmal über die 200 stündige Ausbildung besteht Einigkeit. Vielen sind die unterschiedlichen Gesichter der Mediation auch noch nicht bekannt. Gemeinsam ist scheinbar nur die Idee, dass die eigenen Ideen in der Welt der Anderen nicht zum Tragen kommen. Konkurrenz belebt das Geschäft, sagt man. Dem ist leider nicht so, wenn die Konkurrenz statt am Erfolg an Inhalten gemessen wird. Erst recht nicht, wenn die Inhalte die Mediation beschreiben. Denn die Mediation ist konkurrenzlos. Wenigstens dann, wenn sie als ein Prozess des Denkens begriffen wird.

Mediation lebt von Vielfalt. Mediation lebt vom Widerspruch und in der einzigartigen Kompetenz, mit Widersprüchen umzugehen. Mediation ist mehr als nur eine Alternative zum Gerichtsverfahren. Mediation ist nicht die Unterwerfung unter Regeln, sondern ihre Erschaffung. Mediation beschreibt ein Denken und eine Haltung. Das ist ihre eigentliche Kompetenz. Offensichtlich versuchen wir, sie in einem esoterischen Wissen zu verkapseln. So behalten wir die Kontrolle darüber.

Das Gesetz über die Mediation lässt sich auf diese Kompetenz nicht ein. Das hat einen Grund. Aus der EU Sicht geht es darum, ein international einheitliches Verfahren zu generieren, das in allen EU Ländern gleichförmig bekannt und verwendet werden kann. Aus der nationalen Sicht geht es um … Offen gesagt weiß ich gar nicht worum es geht. Ursprünglich war von Kosteneinsparung die Rede. Man spricht von der Verbesserung der Streitkultur. Es wird aber nichts verbessert. Die Gerichtsverfahren beispielsweise bleiben konventionell. Es wird nur das Portfolio der Justiz um ein anderes Verfahren erweitert. Ob dies zur Aufgabe der Justiz gehört ist wiederum sehr umstritten. Das alte Produkt jedenfalls bleibt unangetastet. Es bleibt also so gut oder schlecht wie es war. In anderen Bereichen läuft es ähnlich ab.

Das Angebot eines so genannten low interest products, wie die Mediation im Moment vorgestellt wird,  kann keine Kultur verbessern. Wenn es darum ginge, die Streitkultur zu verbessern, müsste man beim Denken anfangen und sich um die Verbreitung eines kooperativen Denkens sorgen. Man müsste lernen, dass ein Nullsummenspiel eine Notlösung ist, weil einem nichts Besseres mehr einfällt. Man müsste lernen, dass es auch anders geht. Sobald aber jemand versucht, etwas anders zu machen, gerät er wieder mit der Apple Welt in Konflikt. Anders machen funktioniert dort nicht, denn anders passt nicht ins Unternehmenskonzept. Es ist also konsequent wenn immer wieder neue Welten geschaffen werden. Genau das passiert neben oder außerhalb der Mediation und auf ihre Kosten. Aus Anlass des Gesetzes unterscheiden viele Mediatoren bereits zwischen der forensischen Mediation und der gerichtsfernen Mediation. Die forensische Mediation beschreibt die vom Gesetz betroffene Mediation. Gemeint ist die institutionalisierte Alternative zum Gerichtsverfahren. Es ist die Mediation, die anders funktioniert als die Apple Welt dies vorgeben möchte. Es ist die Mediation die in Unternehmen und im Alltag gelebt und nicht explizit nachgefragt wird. Wenn sich die Apple Welt durchsetzt, wird man diese Art der Mediation später einmal anders bezeichnen. Das ist auch eine Rückmeldung die viele Mediatoren geben. Noch vor nicht allzu langer Zeit haben wir die Konflikthilfe im innerbetrieblichen Bereich auf gar keinen Fall als Mediation verkaufen können. Da nannten wir es Coaching oder Organisationsberatung. Heute ist der Begriff im Trend. Da verkaufen wir Coaching und Organisationshilfe als Strukturkonflikte, die wir mit der Mediation zu klären vermögen. Später, wenn sich die Apple Welt etabliert hat, werden wir sie wohl wieder als Coaching verkaufen. Schade eigentlich, denn die Mediation könnte mit all dem sehr elegant umgehen. Sie könnte alle Welten verbinden, wenn man nur endlich damit anfängt, wie ein Mediator zu denken.