Vom historischen Ursprung bis zur Gegenwart

Der Begriff der Mediation stammt aus dem lateinischen und leitet sich von medius ab. Medius bedeutet: sich neutral verhalten oder einen Mittelweg einschlagen. Der Begriff „mediator, -oris, m“ – bedeutet demzufolge so viel wie der Mittler, die Mittelsperson. In ihrer Spätlateinischen Konnotation bedeutet Mediation also so viel wie friedensstiftende, versöhnende Vermittlung. In der Praxis blickt die Mediation auf eine mehr als 2000 jährige Geschichte zurück und kommt in der ein oder anderen Form wahrscheinlich in jeder Kultur vor, die Streit zu bewältigen hat. Die bekanntesten und am meisten zitierten Anwendungsfälle der Mediation sind:

  • Der Westfälische Friede von 1648
    Hier entsandte, Papst Urban VIII einen Nuntius und Diplomaten Fabio Chigi als mediator pacis, um das Ende des 30 jährigen Krieges in Münster zu vermitteln. Zusammen mit Alvise Contarini erfolgte die Friedensstiftung nach 5 jähriger Vermittlungsarbeit!
  • Das Camp David Abkommen
    Das Abkommen kam durch die Vermittlung des US-Präsidenten Carter zu einem Zeitpunkt zustande, als zwischen Israel und Ägypten keine diplomatischen Beziehungen bestanden.

Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen, wenn die Mediation als eine unspezifische Form der Konfliktvermittlung verstanden wird. Tatsächlich ist das heutige Verständnis der Mediation – zumindest in der Fachwelt – wesentlich differenzierter. Es weicht von seinem begrifflichen Ursprung ab und weiß zwischen einer tröstenden oder versöhnenden Schlichtung, einer definitorischen Schiedsgerichtsbarkeit, einem aufgedrängten Kompromiss und einem von den Parteien selbst erarbeiteten Konsens zu differenzieren.

Die zuletzt genannte, konsensuale Variante der Konfliktbehandlung bildet die moderne Form der Mediation. Sie kam zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA auf.

Mediation in Deutschland

Die ersten Versuche, Mediation auch in Deutschland einzuführen, erfolgten Ende der 80-er Jahre. Das aus Amerika importierte Modell der Streitbeilegung überzeugte einige professionelle Konfliktlöser. Die erste Mediatorengeneration, die der Friedensbewegung nahe stand, sah die Möglichkeiten einer friedlichen Streitbeilegung. Auch einige Anwälte ließen sich begeistern. Der erste Kongress zur Mediation etwa 1994 in Tübingen war so etwas wie eine Aufbruchstimmung.

Es gab viele Bestrebungen und Anwendergruppen. Darunter die Rechtsanwälte. Sie brachten die Mediation ans Gericht. Zunächst, um die Richter zu motivieren, Fälle bereit zu stellen. Es gab verschiedene Modelle wie dies geschehen könnte. Die gerichtsnahe Mediation war das populärste Modell.

Es hat sich gezeigt, dass die Bereitschaft der Richter und die Akzeptanz bei den Anwälten eher verhalten war. Man merkte, dass die Information über das Verfahren nicht ausreichte, um den Juristen zu verdeutlichen, wo die Vorteile der Mediation zu sehen sind. Mediation, so meinten viele Juristen, sei ihnen nicht fremd. Immerhin unterstützten sie gerichtliche Vergleiche. Sie wiesen auch eine beachtliche Statistik über erfolgreich abgeschlossene Vergleiche nach. Was sie nicht sahen war, dass diese Vergleiche meist nicht mehr waren als erzwungene Kompromisse.

Um die Richter und Anwälte davon zu überzeugen, dass auch in den hoch streitigen Fällen konsensuale Vergleiche möglich sind, wurden einige Anstrengungen unternommen. wesentlich war es, auch die Richter in eine Mediatorenausbildung einzubeziehen. Einige Richter erlebten die mediation als vorteilhaft und entlastend. Sie überlegten sich deshalb, ob es ihnen nicht selbst möglich ist, die Mediation anzuwenden.

Prof. Dr. Pfeiffer, der damalige Justizminister von Niedersachsen führte daraufhin ein Modell der Gerichtsmediation ein, bei dem der Richter als Mediator fungiert. Das Modell lehnte sich an die reine Mediation an. Der mediierende Richter sollte von der Entscheidung entbunden sein. Diese Form der Mediation wurde als gerichtsinterne Mediation bezeichnet.

Einige Richtermediatoren waren sehr erfolgreich. Das Modell machte Schule und verbreitete sich über ganz Deutschland. Unterschiedliche Sichten über die legale Herleitung der Richtermediation führten dazu, dass in Bayern die Richtermediation an das inzwischen eingeführte Güteverfahren gekoppelt wurden.

Die Ursprünge der Integrierten Mediation

Parallel dazu entwickelte sich in Altenkirchen und in Cochem ein Modell, das die Mediation noch näher an das Gerichtsverfahren brachte. Der Bedarf für diese Herangehensweise ergab sich aus der Erfahrung, dass v viele Parteien – besonders bei hoch eskalierten Konflikten – gar nicht in der Lage waren, sich in einem frühen Verfahrensstadium für eine Mediation zu entscheiden. Das Altenkirchener Modell hat den Zugang zur Mediation deshalb ermöglicht, indem der Richter Schritte der Mediation bereits im Gerichtsverfahren angewendet hat. Er hat – wenn man so will – das Verfahren anmediiert und dadurch den Parteien Wege in die Kooperation aufgezeigt. Die Konsequenz war, dass viele Fälle bereits im Gericht meditativ, das heisst in einem konsensualen Vergleich endeten. Andere konnten leicht in eine externe Mediation verweisen werden. Um den Nachweis zu erbringen, dass diese Vorgehensweise nicht nur effizient sondern auch der Mediation dienlich ist, führte das OLG Koblenz auf Initiative von Arthur Trossen und Eberhard Kempf mit Unterstützung des Ministeriums in Main ein Projekt „Integrierte Mediation in Familiensachen im OLG Bezirk Koblenz“ durch. Das Projekt wurde von Prof. Dr. Neuert evaluiert. Es konnte nachgewiesen werden, dass alle Beteiligte eines Gerichtsverfahrens einen signifikant höhere Zufriedenheit zeigten.

Versuche, dieses Modell in der Mediatorenlandschaft vorzustellen, scheiterten stets an dem Vorhalt: „Das ist keine Mediation, der Richter kann kein Mediator sein“. Die Begründungen, warum dies nicht möglich sei waren kaum überzeugend. Sie führten formale Argumente an, die in der praktischen Erfahrung so jedenfalls nicht nachvollziehbar waren. Die Neugier, warum funktioniert was nicht funktionieren soll, brachte die Begründer der Integrierten Mediation dazu tiefer in die Materie einzusteigen und genau zu hinterfragen, warum was wie in der Mediation funktioniert. Mit diesen Forschungen und Untersuchungen hat sich der Blick mehr vom juristischen Verfahrensverständnis auf das psychologische Verfahrensverständnis verschoben, weshalb die Integrierte Mediation diese erweiterte Sicht zum Gegenstand ihrer Lehren machte.

Das Mediationsgesetz

Mit der Einführung des Mediationsgesetzes hat sich der Gesetzgeber zumindest in der Sprechweise dafür entscheiden, die Richtermediation nicht zu erlauben. Man wollte der Sorge der externen Mediatoren entgegen kommen, die fürchteten, die Richtermediation würde ihnen Fälle vorenthalten. Faktisch ist die Richtermediation aber nach wie vor zulässig. Lediglich das Etikett und die Rechtsgrundlage haben sich geändert. Der Richtermediator heisst jetzt Güterichter. Er unterliegt nicht dem Mediationsgesetz ist aber gehalten, die Methode der Mediation anzuwenden.

Das Mediationsgesetz ist ein Berufsgesetz. Es soll die Mediation fördern. Das Gesetz formuliert sehr klar dass die Mediation nur durch nicht entscheidungsbefugte Dritte durchgeführt werden darf und stellt gewisse Anforderungen auf, die eine Mediation zu erfüllen hat. Damit ist der formale Blick auf das Verfahren bestimmend geworden.

Das Mediationsgesetz und die Integrierte Mediation

Das Mediationsgesetz steht nicht im Widerspruch zur Integrierten Mediation. Im Gegenteil! Immerhin hat der Gesetzgeber selbst zwischen dem Verfahren und der Methode der Mediation differenziert. Dies allerdings ohne das Verfahren gegen die Methode abzugrenzen.

Im Verständnis der Integrierten Mediation sind Verfahren, Methoden und Techniken nicht unabhängig voneinander zu betrachten. Das verfahren bestimmt den Weg und den Rahmen. Die Methode die Kompetenz, die Techniken sind die Hardware, wie diese Kompetenz umzusetzen ist. Es gehört zu den Kompetenzen der Integrierten Mediation, das Zusammenspiel von Verfahren, Methoden und Techniken im Sinne der Mediation genau beschreiben zu können.