Das Wort „aber“, so hört man oft, sollte aus dem Wortschatz des Mediators getilgt werden. Muss das aber wirklich sein?

Das Wort „aber“ ist, grammatikalisch betrachtet, zunächst nur eine Konjunktion. Das heisst ein Verbindungswort, das zwei Sätze aneinanderreiht. Aber insoweit ist das Wort ganz unschuldig.

Oft wird behauptet, ein „Aber“ sei in wirklichkleit ein „Nein“. Aber ob das so richtig ist?

Wenn Sie ein Verkaufstraining absolvieren, dann lernen Sie nicht das harte „Nein“ zu verwenden. Das „Ja, aber …“ soll sich besser anhören und ein weiches „Nein“ bedeuten. Angeblich sei das besser verträglich.

Trotzdem ist „aber“ aber immer noch ein unschuldiges Wort. Es ist eine so genannte adversative Konjunktion, mit der ein Gegensatz ausgedrückt wird.

Aber etymologisch betrachtet stammt das Wort von dem mittelhochdeutschen Wort „afer“ ab. Die Bedeutung wird zunächst auf „wieder“, „zurück“ und „danach“ ausgelegt. Der Ursprung des Wortes ist aber nicht eindeutig und unterliegt auch außergermanischen, etwa keltischen Einschlägen. „Aber“ kommt z.B. auch vor bei „Aberglaube“, „abermals“, „aberhundert“ oder „aberwitzig“. Dort wird es eher in der Bedeutung hinterer, zweiter oder schlechter verwendet. In jedem Fall hat es etwas Deklassierendes. Und das wollen wir in der Mediation doch nicht haben oder?

Tatsächlich ist das „Ja, aber“ nicht wirklich ein „Nein“. „Aber“ leitet einen Widerspruch ein. Und Widersprüche muss es auch in der Mediation geben. Gerade dort soll es sie geben. Wo sonst kann man so hervorragend mit Widersprüchen umgehen?

Aber kann aber auch Widersprüche auflösen, wie das Beispiel der Ausdruck „Aber nicht doch!“ beweist. Der Widerspruch zwischen „nicht“ und „doch“ wird durch das „aber“ zu einem „doch eher nicht“. Was bei einem „aber“ aber zu kritisieren ist, ist nicht der Widerspruch. Auch nicht die Tatsache, dass jemand widersprechen will. Zu kritisieren ist die damit einhergehende Unklarheit. „Ja“ suggeriert Zustimmung. „Aber“ hebt sie wieder auf oder schränkt sie zumindest ein. In der Mediation ist dies eine Chance. Hier könnte ein Mediator auf ein „Ja, aber … “ etwa wie folgt reagieren: „… Sie sagten ‚ja‘ und meinten, das würden Sie tun. Dann sagten Sie ‚aber‘ und meinten es ginge aber nicht. Wir unterscheiden in der Mediation zwischen Interessen und Lösungen. Das ‚aber‘ deutet auf die Ihrer Meinung nach nicht mögliche Lösung hin. Darauf kommen wir dann später zurück. Wenn ich ABER nach Ihrem Interesse frage, wäre das dann ein Ja? …“

Wie man sieht hat das Wort „aber“ aber auch die Bedeutung von „jedoch“. Und auch in diesem Kontext ist daran gar nichts auszusetzen. Bei der Verwendung durch den Medianden führt ein „Ja, aber“ wie gezeigt eher zu einer Differenzierung. Stellen Sie sich vor, der Mediand hätte einfach „Nein“ gesagt. Dann wäre die schöne Unterscheidung zwischen Interesse und Lösung kaum angebracht gewesen. Gegebenenfalls hätte sich aber auch aus dem „Ja aber“ ein klares „Nein“ ergeben. Das ist doch auch ok oder aber nicht?

Aber was meinen Sie jetzt dazu? Wird eine Aussage wirklich besser, nur weil ich das „aber“ auslasse? „Herr Müller, bitte entschuldigen Sie meine Verspätung, aber ich habe den Bus verpasst“.  Wo ist der Unterschied zu: „Herr Müller, bitte entschuldigen Sie meine Verspätung. Ich habe den Bus verpasst“. Richtig! Das erste Beispiel ist ein Satz, dessen Satzteile durch eine Konjunktion verbunden wurden. Das zweite Beispiel sind zwei Sätze. Die brauchen keine Konjunktion.

„Aber“ ist aber auch nicht immer eine Negierung. Es hat auch die Bedeutung von „sondern“. Darin unterscheidet es sich übrigens vom englischen „but“. Wenn jemand sagt: „Ich mag die Mediation aber nicht das Gerichtsverfahren“ drückt es eine Negation aus. Sagt er: „Ich mag kein Gerichtsverfahren, aber die Mediation“, leitet er den Gegensatz in eine bejahende Aussage, die eher einem „sondern“ entspricht. Im Englischen müsste man sich mit „but instead“ behelfen, um das „sondern“ ausdrücken zu können.

Was lernen wir daraus?

Das „aber“ hat einen Platz in unserer Sprache. Seine Bedeutung ist nicht immer klar. Ein verkapptes „Nein“ brauchen wir in der Mediation nicht. Ein „Anders“ aber schon.

Ach ja, aber kann auch eine Verstärkung ausdrücken und durchaus zustimmung bedeuten. „Aber ja, das mache ich gerne“. Ds ist stärker als ein „Ach ja, das mache ich gerne“ oder nur ein „Ja, das mache ich gerne“. Das „aber“ kann auch emphatisch zur Kennzeichnung der gefühlsmäßigen Anteilnahme zum Ausdruck von Empfindungen beitragen: „Du bist aber ein guter Mediator!“ oder wie wäre es mit: „Du bist mir aber ein Mediator!“.

Aber, so scheint es mir, ist fast ein so spannendes Wort wie „eigentlich“. Als ich in Lettland arbeitete, meinte ich herausgefunden zu haben, dass „ja bet“ die meistgesprochene Lettische Redewendung sei. „Ja, bet“ heisst „Ja, aber“. Ich hatte dies meiner Assistentin bedeutet. Nachdem sie darauf aufmerksam geworden war, dass auch sie diese Redewendung oft in ihren Satzanfängen verwendete, änderte sie ihren Sprachgebrauch. Ich war überrascht als sie dann statt dessen immer öfter sagte „Nein, aber …“

Das ist insofern spannend, als ein „Ja, aber“ sicherlich kein Ja ist und rein logisch also ein „Nein“ bedeutet. Ein „Nein, aber“ wird aber nicht zu einem „Ja“. Das lässt doch den Umkehrschluss zu, dass ein „Ja, aber …“ auch kein „Nein“ bedeutet oder aber doch?