Unter diesem Titel hat der Verband integrierte Mediation e.V. nach Aufforderung durch das Bundsesjustizministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zur Evaluierung des Mediationsgesetzes ausführlich Stellung genommen. Im Ergebnis teilen wir als Mediatorenverband die Auffassung, sich mit Regelungen zur Mediation zurückzunehmen. Bei aller Kritik, die der Evaluierung entgegenzuhalten ist, führt die rechtstatsächliche Untersuchung vom 14.06.2017 über die Evaluierung des Mediationsgesetzes, zuverlässig nur zu einer Schlussfolgerung:

Die Zeit zum Umdenken ist gekommen!

Ein Hinweis vorab: Die Orginalstellungnahme kann als PDF unter desem Link Stellungnahme zur Evaluierung eingesehen und abgerufen werden. Ein Kommentar zur Evaluierung befindet sich auf  Mediationsgesetz-Evaluierung. Unsere Stellungnahme vom 26.9.2017 lautet wie folgt:

1. Vorwort

Um unsere Stellungnahme so kurz wie möglich zu halten, konzentrieren sich die nachfolgenden Ausführungen lediglich auf die wesentlichen Ergebnisse der Evaluierung und grundsätzliche Überlegungen. Wir verweisen auf die noch ausführlichere Kommentierung im Beitrag Mediationsgesetz-Evaluierung auf Wiki to Yes. Dort gibt es neben einem Evaluationsforum eine willkommene Gelegenheit, sich über diskussionswürdige Fragen, Sichtweisen und Ideen zur Förderung der Mediation auszutauschen und Erkenntnisse über die Mediation im Wiki-Format vorzuhalten und abzustimmen.

In der hiermit vorgelegten Stellungnahme geht es darum, die wesentlichen Ansatzpunkte aufzugreifen, wie die Mediation gefördert werden kann.

2. Stellungnahme zur Evaluierung

Das Ergebnis der Evaluierung ist eigentlich nicht neu und auch zumindest für Insider nicht überraschend. Die Schlussfolgerung der Regierung, dass sich aus dem Bericht kein unmittelbarer gesetzgeberischer Handlungsbedarf, insbesondere auch nicht auf dem Gebiet der Aus- und Fortbildung von Mediatoren ergibt, stimmt mit den Erfahrungen der Praxis überein.

Was der Untersuchung über die Nutzung von Mediation in Deutschland zuverlässig zu entnehmen ist, ist die Notwendigkeit zum Umdenken. Die bisherigen Bemühungen zur Implementierung der Mediation als förmliche Mediationsverfahren waren – zumindest auf den ersten Blick und nach den Ausführungen der Evaluierung – nicht zielführend. Die Frage nach dem Warum des Scheiterns beantwortet die Evaluation allerdings nicht. Trotzdem ergeben sich Anhaltspunkte was zu tun ist, um die Mediation zu fördern. Es wird deutlich, dass mehr vom Selben nicht zielführend sein kann. Wie ein roter Faden zeigen sich in allen angesprochenen Bereichen Ungenauigkeiten, die das Verständnis von Mediation nicht nur für Außenstehende erschweren. Sie lassen sich ungeklärt auch nicht in valide Regulierungen überführen. Zu fordern ist ein mediatives, also ein auf Konsens basierendes, bedarfs- und nutzenorientiertes Denken. Wie sonst sollte die Mediation schon bei ihrer Implementierung sichtbar werden? Die erste grundlegende und vielleicht sogar ausreichende Empfehlung zur Förderung der Mediation lautet deshalb, darauf zu achten, dass die Mediation klar und präzise dargestellt und ebenso konsens- wie nutzenorientiert eingeführt wird.

Auch wenn die Evaluierung mit dem vorgegebenen Blick auf das Mediationsgesetz und die sicher sehr schwierige Informationsbeschaffung die Mediationslandschaft nur selektiv abbildet, bietet sie einen willkommenen Anlass, die Diskussion um die Förderung der Mediation – diesmal mit allen Stakeholdern und nicht nur mit einigen ausgewählten Verbänden – von Grund auf neu zu beginnen. Zurecht hat die Bundesregierung den Bericht zum Anlass genommen, einen Austausch mit den betroffenen Kreisen auf der Grundlage der Erkenntnisse des Berichts zu initialisieren, wie das mit dem Mediationsgesetz verfolgte Ziel der Förderung von Mediation langfristig noch besser verwirklicht werden kann.

2.1 Förderung der Mediation

Wenn es um die Frage der Förderung der Mediation geht, sollte klar sein, was damit gemeint ist. Die in der Evaluierung zitierte Aufforderung „back to the roots“ erwartet grundlegende Überlegungen. Grundlegend ist bereits die Frage nach der Zielsetzung.

Was ist gemeint, wenn von der Förderung der Mediation oder von ihrer Stärkung die Rede ist? Erst wenn diese Frage beantwortet ist, lässt sich beurteilen, was zielführend ist und an welchen Kriterien die Zielerreichung gemessen werden kann.

Die Evaluierung misst den Erfolg an der Nachfrage nach durchgeführten Mediationen. Dabei beschränkt sie sich auf Mediationen i.S.d. Mediationsgesetzes und Güterichterverfahren. Erschöpft sich die Erfolgsbewertung einer Förderung von Mediation in Deutschland wirklich allein an dem Nachfragekriterium mit der gewählten Selektion?

Es macht durchaus einen Unterschied, ob sich die Förderung der Mediation auf die in §1 Mediationsgesetz beschriebene Dienstleistung bezieht oder ob sie die weiterreichende Verbesserung der Streitkultur in Deutschland im Blick hat. Das eine Ziel ist an der Nachfrage zu messen. Hier steht die Dienstleistung Mediation im Vordergrund. Das andere Ziel ist am allgemeinen Streitverhalten zu messen. Hier zeigt auch die unabhängig vom Verfahren wirkende Kompetenz der Mediation bei der Arbeit, am Arbeitsplatz, in Organisationen und im privaten Umfeld eine positive, streitverhindernde und -eindämmende Wirkung mit gesamtgesellschaftlichen Ausprägungen. Im einen Fall ist der Fokus auf die Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes limitiert, im anderen Fall erfasst er den gesamten Mediationsradius mit allen Varianten und Erscheinungsformen der Mediation, also auch Vorgänge, die nicht dem Mediationsgesetz unterfallen und wo die Mediation gegebenenfalls nur methodisch aber dennoch wirkungsvoll zur Anwendung kommt. Dieser Blickwinkel stellt die Kompetenz der Mediation in den Vordergrund. Ihr kommt neben der gesellschaftlichen Bedeutung durchaus auch ein Marktwert zu.

Käme es auf die Verbesserung der Streitkultur an, könnten viele Erfolge der Mediation und sicher auch eine größere Verbreitung gemeldet werden. Weil sie nicht als „reine“ Mediation ausgeführt werden, fallen solche Initiativen durch das Raster. Sie wären durchaus aussagekräftig und spiegeln einen Eindruck wieder, wo und wie Anwendungen zur Förderung der Mediation beitragen. Das Justizprojekt „integrierte Mediation in Familiensachen im Bezirk des OLG Koblenz“ liefert dafür ein Beispiel:

Die Evaluierung dieses Projektes wurde in einer sozio-ökonomischen Analyse zusammengefasst. Sie belegt eine statistisch messbare Steigerung der Effizienz und Zufriedenheit bei der Abwicklung von Streitigkeiten, wenn sich das Mediationskonzept auch in anderen Verfahren verwirklicht. Unabhängig von der Frage, ob die als gerichtsintegrierte Mediation bekannt gewordene Verfahrensweise noch unter Mediation zu subsumieren ist, fördert sie die Verbreitung der Mediation und verbessert paradoxerweise auch die Wettbewerbsbedingungen. Sie steigert die Leistungsfähigkeit der Verfahren und verringert den Abgrenzungsbedarf der konventionellen Märkte, weil diese Verfahrensweise, obwohl sie einen Anwendungsfall der Mediation i.w.S. darstellt, mit den konventionellen Verfahren nicht konkurriert. Sie produziert Praxisfälle, an denen sich Mediatoren üben können und Gelegenheiten, wo der Konsument mit Mediation in Berührung kommt. Er kann Eindrücke und Erfahrungen sammeln, sodass er den Bedarf für die am besten geeignete Art der Konfliktlösung selbst erkennt. Weil die mediative Herangehensweise die Schnittstellen zwischen den Verfahren zur Mediation offenlegt, steht sie auch nicht im Wettbewerb zur Mediation. Ihr Ziel ist die Vorbereitung und Herbeiführung der förmlichen Mediation, weshalb sie sich auch als Wegbereiter für die Mediation begreift. Eine Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes wird dann nur noch versäumt, wenn sie weder nötig noch möglich ist. Es macht also Sinn, auch der Wirkung dieser Möglichkeiten nachzugehen, wenn es um die Frage geht, wie die Mediation zu fördern ist.

Unter den Mediatoren wird die Frage was wie zu fördern ist, nicht einheitlich beantwortet. Die Abstimmung eines gemeinsamen Ziels würde dazu beitragen, die Bemühungen um die Mediation zu koordinieren. Nur wer ein gleiches Ziel hat kann den gleichen Weg gehen. Naheliegend ist auch, dass sich die Chancen, das gemeinsame Ziel zu erreichen, mit der Optionenvielfalt vergrößern. Deshalb ist zu empfehlen, nicht nur die Nachfrage nach der Dienstleistung, sondern die Verbesserung der Streitkultur in Deutschland insgesamt als Zielvorgabe zur Förderung der Mediation festzuschreiben. Mit dieser Zweckausrichtung lassen sich die Kriterien, was zur Förderung beiträgt und was nicht, in einer Weise herausarbeiten, dass alle Dienstleister dazu beitragen können. Der gesamte Mediationsradius kommt in den Fokus. Selektionen werden verhindert, das Bild über Mediation und ihre Möglichkeiten zur Implementierung wird klarer und vor allem vollständig.

Der vorgeschlagene Perspektivenwechsel wird verdeutlichen, dass die Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes nicht die Bedingung, sondern die Folge der Bereitschaft zur Kooperation im Streit darstellt. Die verbesserte Streitkultur bewirkt eine gesteigerte Kooperationsbereitschaft. Die gesteigerte Kooperationsbereitschaft wiederum bietet größere Chancen, den Bedarf nach Mediation zu erkennen. Der erkannte Bedarf wiederum ist die Bedingung für eine Verbesserung der Nachfrage.

Kriterien zur Verbesserung der Streitkultur und zur Förderung der Mediation lassen sich zumindest zum Teil aus der Evaluierung des Mediationsgesetzes entwickeln. Sie werden durch die nachfolgend herausgestellte Auseinandersetzung mit dem Verständnis der Mediation, den unterschiedlichen Sichten darauf, ihren Anwendungsbedingungen, sowie einer Analyse des Marktes, des Wettbewerbs und der Bedarfe des Konsumenten indiziert.

2.2 Begriff der Mediation

Dass der legal definierte Begriff Mediation einer Nachjustierung bedarf, ergibt die in der Evaluierung aufgegriffene Diskussion um den Güterichter, ebenso wie die nur als Beispiel zu erwähnende Diskussion um die Shuttle-Mediation. Auch der Praxis fällt die Abgrenzung der Verfahren schwer. Der Wettbewerb nutzt die Ungenauigkeiten, um vermeintliche Konkurrenten auszugrenzen, indem ihr Vorgehen nicht als Mediation anerkannt wird. Die Definition in §1 Mediationsgesetz liefert die vermeintliche Argumentationshilfe.

Die sprachliche Ungenauigkeit führt zu Ungereimtheiten, die auch in der Evaluierung gespiegelt werden. Das Gesetz greift die Ungenauigkeiten auf. Obwohl die Mediation in §1 als Verfahren definiert wurde, verwendet der Gesetzgeber einen Pleonasmus, wenn er schon in §2 mit dem Begriff Mediationsverfahren das Verfahren des Verfahrens hervorheben will. Die begriffliche Verdoppelung deutet darauf hin, dass die Mediation mehr ist als nur ein Verfahren i.S.d. Mediationsgesetzes und dass sich der Gesetzgeber darüber bewusst ist. Tatsächlich ist im § 278 ZPO auch von der Methode Mediation die Rede, was der systematischen Einordnung der Mediation durchaus entgegenkommt.

Die Unterscheidung zwischen Verfahren und Methode erlaubt eine juristisch eindeutige Angrenzung. Zu unterscheiden sind Verfahren, die zwar als reine Mediation zu bezeichnen sind, auf die das Mediationsgesetz jedoch nicht zutrifft. Daneben gibt es die Verfahren der reinen Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes und methodische Anwendungen, auf die das Mediationsgesetz ebenfalls nicht anwendbar ist. Die im Mediationsradius aufgezeigten Abgrenzungen werden in der Definition des §1 Mediationsgesetz nicht aufgegriffen. Dort wird Mediation absolut (… „Mediation ist …“) definiert, was wiederum dazu führt, dass manche Anwender die Definition als abschließend und verbindlich ansehen, andere nicht. Um die Verwendbarkeit der Definition in §1 Mediationsgesetz als Arbeitsgrundlage für weitere Überlegungen zu ermöglichen, muss ein klares Verständnis von Mediation vermittelt werden, an dem sich Anbieter, Konsumenten und Rechtsprechung orientieren können. Dazu könnten folgende Ergänzungen des Mediationsgesetzes beitragen:

  1. Die Definition in §1 Mediationsgesetz nimmt nicht auf den Mediationsradius Bezug. Sie suggeriert eine uneingeschränkte Gültigkeit für die Mediation. Es sollte herausgestellt werden, dass es auch andere Erscheinungsformen der Mediation geben darf, die nicht dem Mediationsgesetz unterfallen (zB Schulmediation). Deshalb wird empfohlen §1 Mediationsgesetz mit einem Absatz 3 zu ergänzen, der klarstellt: „Dieses Gesetz betriff nur die als Dienstleistung ausgeführten Mediationen (Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes)“.
  2. Klargestellt werden sollte auch, dass die Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes eine rechtlich zu bewertende Dienstleistung beschreibt, die bei Fehlern auch zur Haftung führt. Viele Anwender, einschließlich der Gerichte, fühlen sich offenbar zu dem Gedanken verleitet, dass sich die Mediation in einem haftungsgelösten Rahmen bewegt. Auch die Rechtsprechung scheint dies so zu sehen

[13]. Um die Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes von Gefälligkeitsmediationen abzugrenzen und um ihre Verbindlichkeit herauszustellen, sollte klargestellt werden, dass die Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes einen Rechtsbindungswillen voraussetzt, der den Mediator verpflichtet, eine Mediation nach den Regeln der Kunst auszuführen und bei Fehlern zu haften. Diesen Gedanken aufgreifend wird empfohlen, die Rechtsverbindlichkeit der Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes explizit herauszustellen, wenn nicht die Einfügung des zuvor empfohlenen Absatzes drei dafür genügt. Politisch würde die Klarstellung Mediatoren motivieren, eine Ausbildung mit der Qualität durchzuführen, dass sie vor Fehlern und Haftungsfolgen geschützt sind. Auch würde sie dazu führen, dass die als Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes bezeichneten Verfahren sorgfältiger gewählt werden. Schließlich würde die Grenze zum Güterichterverfahren deutlich, wenn nicht angenommen wird, dass die Güterichter sich dem Haftungsrisiko ohne vollwertige Ausbildung aussetzen wollen.

  • Die Definition in §1 Mediationsgesetz gibt keine klaren Kriterien vor, wie die Verfahren, besonders die Schlichtung und die Mediation, gegeneinander abzugrenzen sind. Auch die Praxis tut sich schwer, diese Verfahren auseinanderzuhalten. Der Schlüssel für die Abgrenzung liegt im jeweiligen Verfahrensziel und im Verfahrensschwerpunkt. Die Mediation ist eine Lösungssuche auf der Basis einer Verstehensvermittlung. Die Lösung wird aus dem Verstehen heraus abgeleitet. Die Schlichtung stellt hingegen eine Lösungsvermittlung dar, die aus den Positionen abgeleitet wird. Der unterschiedliche Verfahrensschwerpunkt führt zu ganz unterschiedlichen Herangehensweisen und voneinander zu unterscheidenden Kommunikationsmodellen, sodass der Wechsel des Kommunikationsmodells (der Rollen der Beteiligten) zugleich den Verfahrenswechsel herbeiführt. Die Verfahren lassen sich besser gegeneinander abgrenzen, wenn sich die Definition auf ihre Wesenhaftigkeit einlässt. Es wird also empfohlen, §1 Mediationsgesetz dahingehend zu ändern, dass herausgestellt wird: „Die Mediation ist ein Verfahren zur Lösungssuche auf der Basis einer Verstehensvermittlung“.
  • 1 Abs. 2 Mediationsgesetz bestimmt, dass der Mediator die Parteien „durch die Mediation führt“. Verbunden mit der zu hinterfragenden Forderung, dass der Mediator für das Verfahren verantwortlich sei und die Parteien für das Ergebnis, kommt es in der Praxis zu Missverständnissen, was die Rolle des Mediators im Verfahren ist. Um die Rolle des Mediators korrekt darzustellen wird empfohlen, die Originalübersetzung der EU-Direktive zu verwenden und zu formulieren, dass der Mediator mit den Parteien das Verfahren durchführt.
  • Die Definition in §1 Mediationsgesetz vermischt Bedingungen (Prinzipien) mit Eigenschaftsmerkmalen, sodass die Korrelation zwischen Bedingungen und Eigenschaften verdeckt wird. Die Konsequenz ist, dass einige Tatbestandsmerkmale nicht als dispositiv angesehen werden, was der Flexibilität der Mediation im Einzelfall im Wege steht. Trotz dieser methodisch gebotenen Unterscheidung wird nicht empfohlen, diese in der gesetzlichen Definition herauszustellen. Der Grund ist, dass die auf die Wesenhaftigkeit abstellende Differenzierung in der Literatur noch nicht ausdiskutiert ist und es sehr schwierig ist, die Wesensmerkmale eindeutig herauszustellen.
  • 2.3 Präzise Terminologie

    Ein solides Haus braucht ein stabiles Fundament. Wo finden wir das Fundament für die Mediation?

    Ohne die Komplexität dieser Frage auszureizen, gibt die ungenaue Terminologie hinreichend Anlass zur Irritation. Die Evaluierung zitiert ein Bedürfnis nach Klarheit. Allerdings sollte sich die Klarheit nicht auf die Zertifizierung, sondern auf die Mediation beziehen. Eine Klarheit der Zertifizierung beseitigt nicht die Unklarheiten der Nachfrage. Auf Irritationen, die sich aus dem einmal so und einmal so verwendeten Begriff Mediation ableiten, wurde hingewiesen. Sie sind um die noch darzustellende Sicht des Konsumenten zu ergänzen. Für den Konsumenten ist die Mediation oft nur das Synonym für ein friedliches Vorgehen, ohne dass die dahinter verborgene Kompetenz erkennbar wird. Die bereits vorgeschlagenen Ergänzungen in §1 Mediationsgesetz würden nicht nur den Pleonasmus auflösen, indem von der Mediation i.S.d. Mediationsgesetzes oder von der reinen Mediation gesprochen wird, sondern auch zu mehr Klarheit über das Wesen der Mediation (als eine Lösungssuche auf Verstehensbasis) beitragen.

    Die Irritationen setzen sich am Begriff Mediator fort, der zwar in §1 Abs. 2 Mediationsgesetz legal definiert wird, aber auch als Berufsbezeichnung herhalten soll. Die Berufsbezeichnung ist irreführend, weil sie zu nicht nur zu Verwechselungen mit der Funktionsbezeichnung führt, sondern auch von ihr abweicht. Der Beruf sieht auch die Abwicklung anderer Verfahren vor. Der Begriff Anwaltsmediator irritiert, weil ein Mediator nicht gleichzeitig als Anwalt auftreten kann und weil die interdisziplinäre Kompetenz der Mediation damit in Frage gestellt wird. Das gleiche gilt für alle anderen Berufsherkunftsbezeichnungen, wie z.B. auch den Notarmediator. Sie werden vom Konsumenten stets missverstanden und zu Werbezwecken missbraucht, wenn ein Anwaltsmediator z.B. behauptet, dass sich die Beauftragung eines anderen Anwaltes erübrigen würde, wenn ein Anwaltsmediator ausgewählt wird.

    Ein weiteres Problem ist die Verwendung von Fachtermini, die in den jeweiligen Disziplinen unterschiedlich konnotiert werden. Damit wird die fehlende Transdisziplinarität der Mediation angesprochen. So hat der Begriff Verfahren für den Psychologen eine andere Bedeutung als für den Juristen. Der Begriff Interesse hat für einen Anwalt eine andere Bedeutung als für einen Mediator. Die Begriffe Methode und Verfahren werden einerseits synonym andererseits zur Unterscheidung genutzt. Das VSBG benennt den Sachbearbeiter einer Verbraucherschlichtung Streitmittler, obwohl er als Schlichter in Erscheinung tritt und obwohl auch der Mediator ein Streitvermittler ist. Die Verwendung der Begriffe Konflikt- und Streitbeilegungsverfahren verwischen die in der Mediation notwendige Unterscheidung zwischen Problem und Konflikt. Die Liste mag ergänzt und auf die bereits erwähnten falschen Mythen erweitert werden. Falsche Mythen bezeichnen vermeintliche Lehrsätze, die zwar leicht einzuprägen sind, deren wortwörtliche Befolgung aber zu einem unkorrekten Mediationsverständnis führen.

    Diese Hinweise mögen genügen, um herauszustellen, dass begriffliche Ungenauigkeiten und Überschneidungen weder dem Konsumenten, noch dem Anbieter entgegenkommen. Es wird nicht klar, wovon genau die Rede ist. Die Basis, auf die das Haus Mediation zu errichten ist, erweist sich als dementsprechend fragil. Die Empfehlung lautet deshalb, die Fachbegriffe abzustimmen, genau zu definieren und ebenso präzise wie konsistent zu verwenden. Wiki to Yes, das Mediationswiki hat übrigens eine Plattform eingerichtet, wo Fachtermini extrahiert sind, damit sie im Fachwörterbuch genau abgestimmt werden können und zur Orientierung dienen.

    2.4 Systematik klärungsbedürftig

    Neben dem Fundament braucht das Haus, damit es genutzt werden kann, eine Infrastruktur und eine Adresse, wo es zu finden und zu erreichen ist. Auch daran fehlt es, wenn die Implementierung der Mediation mit der Errichtung eines Gebäudes verglichen wird.

    Die Adresse Mediation befindet sich in einer undurchsichtigen Verfahrenslandschaft. Die Mediation wird zwar als ein Orientierungspunkt herausgestellt. Der Weg dorthin ist jedoch nicht ausgezeichnet. Die Landkarte ist diffus. Sie gibt dem Konsumenten, der den Dienstleister über das zu wählende Verfahren ausfindig machen muss, keine klare Orientierung. Darüber hinaus erlaubt sie Spekulationen über den Sinn und Zweck der Verfahren, die nur selten korrekt gegeneinander abgegrenzt werden. Abhilfe schafft nicht die Reduktion des Angebotes, sondern eine klare Systematik, an der sich die Verfahren ausrichten. Es wird deshalb empfohlen, eine Systematik einzuführen, an der sich sowohl die Konsumenten wie die Anbieter und Mitbewerber orientieren können. Eine konsistente Systematik muss sich auf die Verfahren insgesamt, die Mediation in allen Erscheinungsformen und die Mediationsvereinbarungen erstrecken. Sie könnte wie folgt verbindlich werden:

    1. Verfahrenssystematik: Die Verfahrensvielfalt wird im Verfahrensverzeichnis Um eine konsistente und nachvollziehbare Systematik zu finden, bedarf es einer Typologisierung der Verfahren. Im ersten Schritt ist auf den Nachfragebedarf abzustellen, aus dem sich der Verfahrenszweck ergibt. Dann liegt die Unterscheidung zwischen monadischen, dyadischen und triadischen Verfahren nahe, wobei der Verfahrensbegriff im weitesten Sinne verstanden wird.Die triadischen, auf den neutralen Dritten ausgerichteten Verfahren, lassen sich in Verfahren der Streitentscheidung und der Streitvermittlung unterteilen. Grundtypen der Verfahren der Streitvermittlung bilden die Schlichtung und die Mediation. Mithin sind sowohl der Schlichter wie auch der Mediator Streitvermittler.Die Übersicht über die Verfahren wird durch das sogenannte Konfliktzuweisungsprinzip erschwert, das dazu neigt, die Verfahren nach dem fachlichen Schwerpunkt, also dem Problem auszurichten. Diese Unterscheidung mag bei der Problem- nicht jedoch bei der Konfliktlösung helfen. Ein dem Problem zugrundeliegender, tiefergehender Konflikt orientiert sich an solchen Begrenzungen meist nicht. Die von dem Gesetzgeber eigentlich gewünschte Vermeidung der Diversifikation wird gerade herbeigeführt. Sie ist bei der Vielfalt an Verfahren auch nicht zu vermeiden. Um eine Transparenz über die Verfahren und die damit verbundenen Angebote zu ermöglichen, wird empfohlen die vorgestellte Systematik aufzugreifen, damit sowohl der Konsument wie der Anwender sich über die jeweils zu erbringende Dienstleistung besser bewusst werden. Eine konsistente, schematische Darstellung der Verfahrenslandschaft ergibt der Beitrag Verfahrenssystematik.
    2. Mediationssystematik: Die Irritationen setzen sich fort, wenn der Blick auf die Mediationen gelenkt wird. Es gibt eine im Mediationenverzeichnis abgebildete Vielfalt. Um die unterschiedlichen Verfahrensvarianten gegeneinander abgrenzen zu können, bedarf es auch hier einer verbindlichen Systematik.In der Praxis ist zu beobachten, dass unter dem Begriff Mediation alle möglichen Herangehensweisen undifferenziert erfasst werden. Die fehlende Systematik führt zu Mediationsfehlern. Für eine professionelle Anwendung ist es wichtig zu verstehen, dass Mediation nicht gleich Mediation ist. Der Unterschied beginnt im Mediationsradius, wo formelle und nicht formelle Verfahren, Methoden und Kompetenzen gegeneinander abgegrenzt werden. Die sog. Containertheorie stellt die notwendige Unterscheidung auf rechtlich solide Füße. Das Verfahren bildet den formalen, rechtlichen Container, in den alle dort hineinpassenden Methoden eingebunden werden können. So lässt es sich vertreten, dass der Güterichter in einem Gerichtsverfahren, das für die Mediation zugeschnitten wurde, nicht das Verfahren i.S.d. Mediationsgesetzes, sondern die durchaus gleichwertige Methode unter anderen rechtlichen Bedingungen anwendet.Unabhängig von dem äußeren Rahmen weist die Mediation unterschiedliche Bearbeitungstiefen auf, die dementsprechend unterschiedliche Mediationsweisen bedingen. Zu unterscheiden sind Mediationen, die sich nah am Gerichtsverfahren bewegen. Für sie ist die Problemlösung der Verfahrensschwerpunkt. Darunter fallen die evaluative und die facilitative Mediation. Die transformative Mediation ist dagegen näher an der Therapie. Für sie ist die Konfliktlösung der Schwerpunkt. Sie geht demzufolge viel tiefer, dauert entsprechend länger und ist auch teurer. Ein weiteres Modell wäre die integrierte Mediation, in der sich die Erfahrungen der blended Mediation wiederfinden lassen. Diese Einteilung orientiert sich am internationalen Maßstab. Die dort als Arten (Styles) bezeichnete Typologisierung wird hier, um Verwechselungen mit den ebenfalls als Arten bezeichneten Fachmediationen zu vermeiden, Mediationsmodelle genannt. Die mit den Mediationsmodellen mögliche Unterscheidung der Mediationsweisen erlaubt eine für den Kunden transparente Abgrenzung und eine Auswahlhilfe für die zu wählende Mediation (Mediationsqualität).Innerhalb dieser Modelle gibt es Mediationsformate und individuelle Mediationsstile, die sich in unterschiedlichen Mediationsfeldern wiederfinden lassen. Um eine Transparenz über die Verfahren und die damit verbundenen Angebote zu ermöglichen, wird empfohlen die hier nur kurz vorgestellte Systematik aufzugreifen, damit sowohl der Konsument wie der Anwender sich über die jeweils zu erbringende Dienstleistung besser bewusst werden können. Eine ausführlichere Beschreibung ist dem Beitrag Mediationssystematik zu entnehmen.
    3. Rechtssystematik: Auch die Legitimation der Mediation und die Verfahrensrechtsverhältnisse sollten systematisch erschlossen sein. Eine Differenzierung der unterschiedlichen Rechtsbeziehungen aller in der Mediation auftauchenden Parteien ist ebenso notwendig wie eine Unterscheidung der jeweiligen Parteiqualitäten, die zwischen Vertragsparteien, Streitparteien, Konfliktparteien und Verhandlungsparteien differenziert und unterschiedliche Rechtsbeziehungen auslöst. Die Praxis muss berücksichtigen, dass sowohl die Medianden wie der Mediator nicht zwingend als Vertragsparteien des Mediationsvertrages in Betracht kommen. Der Vertrag könnte durchaus zwischen einer Mediations-GmbH und einem Donator geschlossen werden. Deshalb ist die Bezeichnung Mediationsvertrag der Bezeichnung Mediatorenvertrag vorzuziehen.Von dieser Rechtsgrundlage sind die Rechtsverhältnisse der an der Mediation zu beteiligenden Personen zu unterscheiden. Mit ihnen geht der Mediator eine eigenständige Rechtsbeziehung ein, mit der letztlich das auf die Mediation im konkreten Fall zugeschnittene Verfahrensrecht begründet wird. Die zwingend notwendige Verhandlung darüber genügt auch den psychologischen Anforderungen im Verfahrensritual. Eine vorgegebene Mediationsordnung wäre mit der Mediation nicht vereinbar.

    Die Abgrenzung zwischen dem verpflichtenden Mediationsvertrag als Causa und der das Prozessrecht herstellenden Mediationsdurchführungsvereinbarung als Erfüllung erlaubt es auch, die Mediation als ein privatrechtliches Verfahren im hoheitlichen Tätigkeitsbereich abzubilden. Die Mediationsdurchführungsvereinbarung entspricht der in der Evaluation erwähnten Mediationsabrede, erlaubt aber eine weitergehende Spezifikation und Verbindlichkeit. Sie schafft die Voraussetzungen, um auf jede denkbare Fall- und Parteikonstellation einzugehen. Vertragsmuster sind in der Formularsammlung als Muster-MV und Muster-MDV einzusehen.

    Die Mediationsabrede bezeichnet in der hier vorgenommenen Systematik die vielen ergänzenden Vereinbarungen in der Mediation, wo die Mediationsdurchführungsvereinbarung immer nur ein offener Vertrag sein kann.

    Für die Mediationsergebnisvereinbarung sollte besser der gesetzliche Begriff der Abschlussvereinbarung verwendet werden. Es wird empfohlen, die Vereinbarungen in der Mediation nach diesem Konzept zu unterscheiden. Ihr Zusammenspiel, die psychologische, rechtliche und strategische Bedeutung für die Mediation werden im Beitrag Vereinbarungen näher dargelegt.

    2.5 Umwelt der Mediation

    Ein Haus erhält seinen Wert durch die Umgebung, in der es errichtet wird. Es macht einen Unterschied, ob das Haus in der Parkavenue liegt oder im Industriegebiet. In welcher Umgebung finden wir die Mediation?

    Die Mediation ist ein komplexes Verfahren, was oft übersehen wird. Sie unterliegt ganz unterschiedlichen Einflüssen, die insgesamt zu bewerten sind, ehe Schlussfolgerungen möglich werden. Die Evaluierung lässt sich auf diese Komplexität nicht ein. Sie selektiert bei der Art und Weise der Datenerhebung, bei dem Fokus auf das Mediationsgesetz und bei dem Fokus auf den Mediationsmarkt. Auch wenn das Ergebnis zu bestätigen ist, ergibt die Evaluierung nicht die gewünschte Hilfestellung, wenn es um die Frage der Förderung der Mediation geht.

    Die Evaluierung weist einen Rückgang der Verwendung des Suchbegriffs Mediation bei Google nach. Das ist insofern verwunderlich, als fast täglich Meldungen über Mediation in den Nachrichten erscheinen und die Aktivitäten der Mediatorenverbände zur Bekanntmachung der Mediation eher zu- als abnehmen. Der Eindruck relativiert sich schließlich, wenn Google-Trends auch für Umgebungsbegriffe herangezogen wird. Dann fällt auf, dass die Mediation nicht alleine betroffen ist und dass ein ähnlicher Trend auch bei den Suchbegriffen Konflikt, Problem und ADR beobachtet werden kann. Der Suchbegriff Schlichtung ist von konstant niedrigem Interesse. Das Interesse an Anwalt und Streit ist dagegen ansteigend. Ein Blick in den Streitatlas belegt, dass seit 2012, also dem Inkrafttreten des Mediationsgesetzes die Streitlust der Deutschen von 20,9 Streitfällen pro hundert Einwohnern auf 22,3 im Jahre 2014 gestiegen ist.

    Diese Feststellungen erlauben die Vermutung, dass die vermeintliche Stagnation der Mediation (die relativ zu den gestiegenen Mediatorenzahlen und Streitfällen eher eine Reduktion darstellt) nicht auf ein Versagen der Mediatoren oder des Gesetzgebers zurückzuführen ist, sondern ein gesamtgesellschaftliches Phänomen spiegelt. Solange Stärke und Durchsetzungsfähigkeit der Weisheit und Besonnenheit noch immer vorgezogen werden, hat die Mediation schlechte Karten. Solange Politiker starke Persönlichkeiten bei Schlichtungsgesprächen ausgebildeten Mediatoren vorziehen, wird deutlich, dass die Mediation nicht unter der mangelnden Bekanntheit leidet, sondern unter dem mangelnden Verständnis ihrer Kompetenz im Umgang mit Konflikten.

    Neben dem Vertrauen in die Kompetenz der Mediation (nicht des Mediators!) kommt es auf die Bereitschaft zur Kooperation an, die bedingt durch die Konfliktstrategie einerseits und durch die gesamtgesellschaftliche Bedeutungszuschreibung andererseits erst einer Wertigkeit zuzuführen ist. Ist der Weg in die Kooperation geebnet, stellt sich der Weg in die Mediation als eine logische Konsequenz daraus her. Das geforderte Umdenken greift also auch hier, indem vordringlich der Weg in die Kooperation gefördert wird, woraus die Nachfrage der Dienstleistung resultiert. Maßnahmen zur Steigerung der Kooperationsbereitschaft im Konflikt könnten sein:

    1. Den Weg in Kooperation erleichtern: Das Rechtssystem mag darauf untersucht werden, wo es den Weg in die Konfrontation leichter gestaltet als den Weg in die Kooperation und wo die Konfrontation sogar nahegelegt wird. Schon die Bezeichnung der zur Wahrheitsfindung dienenden Beweisanträge als Angriffsmittel legt die Verteidigung und damit die Konfrontation nahe.Ein Detail dieser Problematik ist die Frage der Fristaussetzung. Die Evaluierung geht auf die Verjährungshemmung ein, wo allerdings keine rechtlich relevanten Änderungen für die Mediation erforderlich sind. Anders ist es mit den Not- und Ausschlussfristen. Sie zwingen die Partei in eine Angriffsposition, die zu vermeiden wäre. Zu empfehlen ist deshalb eine Regelung, die Notfristen und Ausschlussfristen aussetzen kann, damit Parteien nicht während des Laufes einer Mediation zu Rechtshandlungen gezwungen werden, die als Eskalation gewertet werden.
    2. Die Kooperation wertschätzen: Das Bemühen der Parteien um eine Kooperation wird weder gewürdigt noch konditioniert. So erwartet §253 Abs. 3 Ziff. 1 ZPO zwar die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen. Hier wird statt der Kooperationsbereitschaft die Nachfragebereitschaft abgefragt, obwohl die Angabe weder das Verhalten der Parteien wertschätzt noch für die Prozessplanung relevant ist. Möglicherweise wird die Vorschrift deshalb in der Praxis überwiegend nicht beachtet. Geht es darum, menschliches Verhalten zu steuern, bedarf es der Motivation – einerseits der Parteien andererseits der Rechtsanwälte als Multiplikatoren. Die Mediation resultiert aus dem Wunsch zu kooperieren, der im Falle eines gerichtsanhängigen Verfahrens vom Berater zu unterstützen ist. Statt Verfahren vorzuschreiben, sollte überlegt werden, wie die Nachfrage nach dem gewünschten Verfahren besser gefördert werden kann. Mit dieser Fragestellung wendet sich der Blick auf die Bedarfe, worauf noch einzugehen ist. Eine Konditionierung des Streitverhaltens könnte sich herstellen, indem zunächst die Kooperationsbereitschaft belohnt wird. Die Empfehlung lautet deshalb, §253 ZPO dahingehend zu ändern, dass über Kooperationsbemühungen und Chancen von beiden Seiten berichtet wird. Umgekehrt mag ein sinnloses Konfrontationsverhalten bestraft werden, indem die Verfahrenskosten der konfrontierenden Partei auferlegt werden. Die darauf gerichtete Empfehlung lautet deshalb, eine unbegründete Konfrontation mit der Kostenfolge zu bestrafen. Ein effizientes Beispiel für diese Strategie ergibt sich aus der Woolf-Reform in Großbritannien.
    3. Konfliktverständnis als Kulturgut: Selbst wenn der Bürger die Mediation kennt, weiß er noch lange nicht, warum er sie braucht. Setzt man sich mit der bedarfsgerechten Dienstleistung Mediation auseinander, wird deutlich, dass der Konsument einiges über Konflikte und (sein) Konfliktverhalten wissen muss, um überhaupt den Bedarf korrekt einschätzen zu können. Er muss beispielsweise erkennen, dass Wahrnehmung und Kommunikation im Konflikt eingeschränkt sind, welchen Einfluss die Konfliktstrategie auf das Ergebnis hat und wie die Kooperation trotz der naheliegenden Konfrontation möglich ist, wenn es darum geht, eine nutzerorientierte Lösung zu finden. Viele dieser Fragen sind bildungsabhängig. Empfohlen wird deshalb, die Lehrpläne in den Schulen nicht auf Mediation, sondern auf das Wissen über Kommunikation, Wahrnehmung und Konflikte, insbesondere das Konfliktverhalten bezogen auszustatten, damit dies ein Teil der Allgemeinbildung wird.

    2.6 Regulierung zur Mediation

    Glücklicherweise hält sich der deutsche Gesetzgeber mit Regulierungen zur Mediation zurück. Zu begrüßen ist auch, dass die Evaluierung des Mediationsgesetzes in diese Richtung weist. Die Mediation ist ein informelles, flexibles Verfahren, das Regulierungen von außen allenfalls zulässt, um die Anwendbarkeit und die Rahmenbedingungen zu sichern. Jede in das Verfahren eingreifende Regulierung konterkariert die Eigenverantwortlichkeit und Kreativität, durch die sich die Mediation gerade auszeichnet.

    Pflichtgemäß geht die Evaluierung auf einzelne Vorschriften im Mediationsgesetz ein und legt mit der erforderlichen Zurückhaltung die Erwägung einer Gesetzesanpassung nahe. Das auf die Mediation Einfluss nehmende Recht beschränkt sich allerdings nicht auf das Mediationsgesetz. Einzubeziehen sind das Mediationsrecht, das Anwendungsrecht und das Berufsrecht. Wenn es um Gesetzesanpassungen geht, sollten deshalb auch Vorschriften bedacht werden, die außerhalb des Mediationsgesetzes zu finden sind. Mit der Watchlist haben Praktiker Gelegenheit, Vorschläge an den Gesetzgeber zu unterbreiten, sobald sie auf Schwierigkeiten stoßen, die sich mit einer gesetzlichen Regelung beheben lassen. Auf einige der Vorschläge und auf die Regelungsvorschläge der Evaluierung soll – soweit nicht zuvor bereits geschehen – kurz eingegangen werden:

    1. Die Ausweitung von § 4 MediationsG, um eine Schweigepflicht auch für die Parteien und ihre Anwälte zu schaffen, ist naheliegend und auf den ersten Blick geboten. Allerdings ist die individuelle Ausweitung der Schweigepflicht ein Problem, das der Mediator selbst innerhalb der Mediationsdurchführungsvereinbarung regeln kann und regeln sollte. So bleibt es möglich, eine maximale Anpassung an die situativen Bedingungen der jeweiligen Mediation zu erzielen. Das einzige Hindernis, das sich den Parteien dann in den Weg stellt, ist die in der Rechtsprechung nicht einheitliche Behandlung von Prozessverträgen. Empfohlen wird deshalb, die Rechtsverbindlichkeit von Prozessverträgen gesetzlich festzulegen, um die Rechtsprechung an Vereinbarungen über Beweisverwertungsverbote nicht nur hinsichtlich der Zeugenaussagen, sondern auch hinsichtlich der in der Mediation vorgelegten oder erzeugten Urkunden zu binden.
    2. Das Gleiche gilt für Mediationsklauseln, in denen die Mediation als Prozessvoraussetzung vereinbart wird. Hier wäre eine Klarstellung zu empfehlen, dass solche Klauseln vom Gericht zu beachten sind und zumindest eine grundlose Verweigerung der Parteien für einen vorausgehenden Mediationsversuch nicht akzeptieren.
    3. Eine Regelung für die fremdbestimmte Mediatorenwahl und ein Eingriff in §2 Abs. 1 Mediationsgesetz erscheint bei der derzeitigen Gesetzeslage weder notwendig noch geboten. Die Mediatorenwahl ist ein wesentlicher Bestandteil der Freiwilligkeit. Sie darf nicht infrage gestellt werden. Zu folgen ist der im Schrifttum vertretenen Auffassung, dass die Mediatorenwahl nachgeschoben werden kann. Die in der Praxis hauptsächlich bei Donatormediationen vorgegebene Mediatorenwahl lässt sich ohne weiteres in der Mediationsdurchführungsvereinbarung von den Medianden bestätigen. Umgekehrt hätte eine Gestaltung der rechtlich als verbindlich vorzugebenden, fremdbestimmten Mediatorenwahl Einfluss auf den Mediationsmarkt, wenn dadurch Institutionen (wie die Rechtsschutzversicherungen, Verbände und Organisationen) die Auswahl der Mediatoren einschränken, um anderen Anbietern den Marktzugang zu erschweren. Die freie Mediatorenwahl bildet somit ein wichtiges, auch wettbewerbliches Korrektiv für die vorgegebene Mediatorenwahl.
    4. 3 Abs. 2 und 3 Mediationsgesetz spricht von derselben Sache, woran ein Verbot der Vor- und Nachbefassung geknüpft wird. Bei einer problemzentrierten Mediation lässt sich der Streitgegenstand noch erkennen. Bei einer transformativen Mediation etwa, wo sich ein Beziehungskonflikt auf mehrere Sachkonflikte auswirkt, wird die Abgrenzung nach der Sache schwierig. Fraglich ist auch wie etwa ein Coach, der keine originäre Interessenvertretung durchführt, von dieser Regelung betroffen ist. Zur Klarstellung wird empfohlen die Formulierung in §3 Abs. 2 Mediationsgesetz dahingehend zu ändern, dass nur die Dienstleister, die für eine Partei als Interessenvertreter tätig wurden, unter das Vor- oder Nachbefassungsverbot fallen.
    5. § 312g BGB muss der Mediator, wenn der Mediationsvertrag außerhalb der Büroräume zustande kommt, eine Widerrufsbelehrung anbringen. Das Widerrufsrecht und die damit korrespondierenden Belehrungen wirken im Mediationsvertrag nicht nur wegen des Grundsatzes der Freiwilligkeit verkrampft, sie sind auch nicht vertrauensfördernd und in der Umsetzung problematisch, weil die Mediation in der Regel von mehreren Parteien in Auftrag gegeben wird. Als Verbesserungsvorschlag wird deshalb empfohlen, die Mediation als Ausnahmetatbestand in § 312g Abs. 2 BGB aufnehmen.

    2.7 Dienstleistungsqualität klären

    Es ist außerordentlich fraglich, wie Verbraucherschutz über die Qualität einer Ausbildung sichergestellt werden soll, ohne dass die Qualität der Dienstleistung selbst, also der Mediation, überhaupt erörtert wird. Solange es nicht möglich ist, die Qualität der Dienstleistung anhand von Benchmarks und Regeln der Kunst zu definieren, bleibt es ungeklärt, wie die Ausbildung den Mediator zu einer Qualitätsdienstleistung befähigt, die ihn auch vor der Haftung schützt. Sowohl der Anwender wie der Konsument sind der Willkür ausgeliefert, solange es keine verlässlichen Maßstäbe gibt, um die Qualität der Dienstleistung korrekt und verbindlich einzuschätzen. Auch die Gerichte haben keine validen Kriterien, Behandlungsfehler zu erkennen.

    Sicher ist die Festlegung der Dienstleistungsqualität in einem so komplexen und vielseitigen Verfahren wie die Mediation kein einfaches Thema. Sie erfordert eine Auseinandersetzung mit der Frage, was die Mediation zum Gelingen führt und wann von einer gelungenen Mediation überhaupt die Rede sein kann. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus den Darstellungen zur Qualität, zur gelingenden Mediation und zu den Benchmarks. Einen Grund, das Thema auszusparen, gibt es nicht. Im Gegenteil, sowohl der Anwender wie der Konsument können nur auf diesem Wege Sicherheit und Orientierung finden und die meist auf ein Bauchgefühl gegründete Beliebigkeit vermeiden. Zurecht hat die Evaluierung des Mediationsgesetzes herausgearbeitet, dass die Zertifizierung aus der Konsumentensicht nicht die Bedeutung hat, die einige Verbände ihr gerne zuschreiben möchten. Umso wichtiger ist es, sich zumindest zunächst auf die Dienstleistung zu konzentrieren. Den Zusammenhang zwischen Dienstleistungs- und Ausbildungsqualität erkennend, wird empfohlen jegliche Regelung zur Ausbildung zurückzustellen, bis die Dienstleistungsqualität geklärt ist.

    2.8 Ausbildungsziele und – qualität definieren

    Um die Ausbildung einschätzen zu können, müssten die Ausbildungsziele vorgegeben sein und klargelegt werden, wie welche Kompetenz genau vermittelt wird. Kompetenz ergibt sich aus Wissen, Erfahrung und Fertigkeit. Die Kompetenz des Mediators ergibt sich jedenfalls nicht aus den in der Evaluierung vorgegebenen Kriterien, wo die Ausbildung, die Persönlichkeit, die Praxiserfahrung oder die Haltung angeführt werden. Diese Merkmale beschreiben allenfalls was die Kompetenz ausmacht, nicht aber worin sie besteht. Die Kriterien sind aus diesen Anhaltspunkten erst noch zu entwickeln.

    Konkrete Anhaltspunkte zur Definition der Kompetenz des Mediators ergeben sich aus dem Mediatorenprofil. Wenn die Mediation eine Verstehensvermittlung ist, bei der es um die Suche nach einer auf Gemeinsamkeiten aufbauenden Lösung geht, zeichnet sich der Mediator durch die Fähigkeit aus, die Parteien umfassend zu verstehen und das Verstehen in den komplexen Erkenntnisprozess der Mediation einbeziehen zu können. Es ist die Angelegenheit der Ausbildungsinstitute, ein didaktisches Konzept darzulegen, wie sie dieses Ziel verwirklichen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Markt über die Ausbildung entscheidet und nicht eine Akkreditierungsstelle. Kriterien für die Ausbildungswahl werden im Beitrag Entscheidungshilfe-Ausbildung angesprochen. Sie erschöpfen sich nicht in Stunden und Inhalten.

    Die ZMediatAusbV formuliert einige der notwendigen Ausbildungsinhalte. Sie legt auch einige Ausbildungsbedingungen fest. Sicher gibt es Kritikpunkte. Sie betreffen in erster Linie die auf Stunden fixierten Detailinhalte. Hier könnte den Instituten mehr Freiheit eingeräumt werden, damit sie sich besser auf die Bedürfnisse der Ausbildungsgruppen einlassen können. Für einen reinen Anwaltskurs ist der juristische Input zu umfangreich. Für einen reinen Psychologenkurs ist er zu nicht ausreichend. Eine Notwendigkeit, die ZMediatAusbV deshalb zu ändern, besteht indes nicht. Ihre Defizite lassen sich alle mit einer ergänzenden Ausbildung ausgleichen.

    Eine Notwendigkeit zur Anpassung besteht allerdings hinsichtlich der Ausbildungsziele. Sie sollten festgelegt sein. Sowohl der Anwender wie der Konsument sollten sich im Klaren darüber sein, dass eine an der ZMediatAusbV gemessene Ausbildung kaum die Fähigkeit erschließt, familiäre Beziehungskonflikte oder innerbetriebliche Gruppenkonflikte zu lösen. Auch genügt sie kaum, um das interdisziplinäre Wissen in einer Art und Weise zu vermitteln, die den Mediator vom Ursprungsberuf unabhängig macht. Die Festlegung eines Ausbildungsziels würde die an eine Ausbildung zu knüpfenden Anforderungen besser transparent machen, als eine hintergründige Aufwertung der Akkreditierung. Die Empfehlung lautet deshalb, die ZMediatAusbV lediglich dahingehend zu ergänzen, dass die Ausbildungsziele in ihrem Wortlaut genannt werden.

    Es wird weitere Ausbildungszertifikate geben, wobei es auch insoweit – zumindest zum derzeitigen Entwicklungsstand der Mediation – weniger hilfreich ist, sich mit Akkreditierungen auseinanderzusetzen, als nach einer systematischen Einordnung zu suchen, nach denen sich die Ausbildungen qualifizieren lassen. Für die in der Evaluierung aufgegriffene Forderung nach mehr Transparenz würde es schon genügen, wenn die unterschiedlichen Ausbildungsabstufungen offengelegt werden. Deshalb wird empfohlen, eine Qualifizierung der Zertifikate entlang einer an Ausbildungszielen orientierten Graduierung zu ermöglichen, die zwischen dem Mediator, dem zertifizierten Mediator, dem qualifizierten Mediator und dem vollwertigen Mediator differenziert. Die Begriffe könnten sicher optimiert werden. Die integrierte Mediation hat für die unterschiedliche Ausbildungsqualität beispielsweise ein Sternesystem eingeführt, das sich bewährt hat. Es erlaubt eine hinreichende Transparenz mit der Offenlegung des am jeweiligen Ausbildungsstand orientierten Leistungsvermögens des Mediators, die auch von außen erkennbar ist. Vor allem erlaubt dieses System eine abgestufte zielorientierte Ausbildung, die auch Interessierten einen Zugang zu dem Thema gibt, die nicht unbedingt Mediator werden wollen. Dieses Ziel ist, wenn es darum geht die Streitkultur zu verbessern, nicht aus den Augen zu verlieren.

    Gerade vor dem Hintergrund, dass auch hochkarätig ausgebildete Mediatoren mangels Praxisfällen einen Kompetenzverlust erleiden, der auch durch die vorgeschriebenen Fortbildungen nicht aufgefangen werden kann, wird deutlich, dass ein Ausbildungszertifikat den Konsumenten eher in die Irre führt, als ein berechtigtes Vertrauen zu schaffen. Hinzu kommt, dass der Mediator mangels Berufsaufsicht keinen Tätigkeitsnachweis erbringt und nicht einmal an Standards gebunden wird, die seine Berufstätigkeit definieren. Ein auf die Ausbildung bezogener Qualitätsnachweis erstreckt sich nicht auf die Tätigkeit. Er endet vielmehr beim Ausbildungszertifikat, sodass viele Mediatoren mangels anderer Kriterien ihre Ausbildung als Werbeargument nach vorne stellen.

    Eine Lösung, die auch dem Interesse der Regierung entgegenkommt, administrative Verpflichtungen im Bereich der Mediation zu vermeiden, wäre die Einführung von Berufszertifikaten. So lassen sich die Aufgaben der Berufsaufsicht und die Einhaltung von Standards in privatrechtlichen Verträgen regulieren, die der Mediator mit dem jeweiligen Verband abschließt und dadurch verbindlich macht. Deshalb wird empfohlen, dass die Verbände sich mit dem Berufszertifikat auseinandersetzen. Ein gesetzgeberisches Engagement ist damit nicht verbunden, außer vielleicht, dass die Idee unterstützt wird.

    Dass eine Anpassung der ZMediatAusbV – außer für die Zielfestlegung – zurückzustellen ist, belegt auch der Umstand, dass die Ausbildungsverordnung im Zeitpunkt der Evaluierung noch nicht in Kraft war. Trotzdem hat sie dazu beigetragen, dass sich die Ausbildungsinstitute ebenso wie die Auszubildenden bereits darauf eingelassen haben. Die Ausbildung wächst mit der Dienstleistung und orientiert sich an ihr. Der bisher eingeschlagene, umgekehrte Weg setzt sich zwangsläufig über diesen Zusammenhang hinweg.

    2.9 Berufsqualität und –konzept definieren

    Die Diskussion um die Ausbildung muss für alles Mögliche herhalten. Sie wird von einigen Verbänden auch als Zugang zur Professionalisierung verstanden. Zumindest aktuell ist der Mediator kein reglementierter Beruf. Er sollte es auch nicht werden. Die meisten Berufe in Deutschland sind nicht reglementierte Berufe. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Mediation in Berufe integriert wird, die ihre berufliche Herkunft als Werbung für die eigene Berufsgruppe nutzen, indem sie die Kompetenz ihres Herkunftsberufs nach vorne stellen, ist weder ein interprofessionelles Verständnis von Mediation erkennbar, noch ist der Weg in eine mitunter vorgeschlagene Berufskammer für Mediatoren geebnet.

    Die Zeit für eine Reglementierung des Berufs ist nicht gegeben. Lediglich Weichenstellungen sind möglich. Der Gesetzgeber könnte die erste Voraussetzung für ein einheitliches Berufsbild schaffen, indem er die beruflichen Ungleichheiten beseitigt. Die Ungleichheiten wurden in der Evaluierung des Mediationsgesetzes nicht problematisiert, obwohl sie in der Praxis zu einer weiteren Verwässerung des Verständnisses von Mediation beitragen und eine Chancenungleichheit begründen. Ein Ausgleich ist in folgenden Bereichen erforderlich:

    1. 2 RDLG begünstigt den Anwalt und erschwert die Mitwirkung des nichtanwaltlichen Mediators, wenn er an der Formulierung der Abschlussvereinbarung beteiligt wird. Hier wird empfohlen, §2 Abs. 3 Ziff. 4 von dem Zusatz: „sofern die Tätigkeit nicht durch rechtliche Regelungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreift“, zu befreien und die Mediation der Tätigkeit von Einigungs- und Schlichtungsstellen gleichzustellen.
    2. 59a BRAO erlaubt eine Sozietät mit einem Anwaltsmediator, nicht jedoch mit einem Mediator. Hier wird empfohlen, die Regelung dahingehend anzupassen, dass entweder die Sozietät mit einem Anwaltsmediator verboten oder die Sozietät mit einem Mediator erlaubt wird.
    3. 4 Mediationsgesetz ist Lex specialis hinsichtlich der Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwaltes, wenn er als Mediator auftritt. Bei der Anwendung von §53 StPO geht diese Einschränkung nach einigen Rechtsmeinungen wieder verloren. Hier sollte klargestellt werden, dass der Anwalt, der als Mediator tätig wurde, nicht als Rechtsanwalt im Sinne von 53 StPO anzusehen ist.
    4. Die Wettbewerbsvorteile des Streitmittlers nach dem VSBG sollten aufgelöst werden, indem er als Schlichter bezeichnet wird, das Streitbeilegungsverfahren als Schlichtung und die Mediation als eine verhandelbare Alternative möglich ist. Empfohlen wird deshalb eine Anpassung der Vorschriften der §§ 1, 6, 11 sowie die Überschrift in Abschnitt 3 VSBG. § 18 sollte gestrichen werden. Die Mediation ist gegenüber der Schlichtung ein Aliud. Sie stellt ein alternatives Angebot dar und ist kein Unterfall eines „nach der Verfahrensordnung der Verbraucherschlichtungsstelle“ durchgeführten Verfahrens.

    Bevor über die Professionalisierung des Mediators weiter debattiert wird, sollte ein Konzept ausgearbeitet werden, woran sich alle Berufe halten und wiederfinden können.

    Unstimmigkeiten ergeben sich bereits bei der Berufsbezeichnung. Der Begriff Mediator ist in §1 Abs. 2 Mediationsgesetz funktional definiert. Trotz dieser Legaldefinition wird der Begriff auch als Berufsbezeichnung verwendet und dabei nicht ausschließlich auf die Durchführung von Meditationen beschränkt. Folgt man der Beschreibung der Agentur für Arbeit ist der Mediator nicht jemand, der eine Mediation durchführt, sondern jemand, „der streitende Parteien bei Konflikten unterschiedlicher Art unterstützt, um zu einvernehmlichen, außergerichtlichen Lösungen zu gelangen“. Diese Beschreibung können auch ein Schlichter, ein Konfliktmoderator, ein Konfliktmanager und sogar ein Berater für sich in Anspruch nehmen. Die weite Fassung einer Berufsdefinition ist durchaus sinnvoll und nachvollziehbar. Auch die Evaluierung belegt die auf die Dienstleistung bezogenen, notwendigen Verfahrensdispositionen, wenn sie nachweist, dass 91% von 818 Antwortenden situationsbezogene Abweichungen eingeräumt haben. Umso mehr ist die an ein Verfahren gebundene Berufsbezeichnung irreführend und vereitelt die Bemühungen um Klarheit in der Mediation. So kann es dem Konsumenten widerfahren, dass er einen Schlichter beauftragt, aber eine Mediation geliefert bekommt. Beauftragt er einen Mediator, kann ihm statt einer Mediation eine Konfliktmoderation oder eine Schlichtung geliefert werden. Solange der Beruf an Verfahren geknüpft wird, obwohl dem Berufsträger wie z.B. in §1 VSBG eine Verfahrensfreiheit gewährt, ist es verwirrend, wenn sich die Berufsbezeichnung an ein Verfahren bindet, die Dienstleistung jedoch darüber hinaus geht. Deshalb wird empfohlen, sich auf eine Berufsbezeichnung wie etwa Streitvermittler o. ä. zu einigen, um sowohl den Berufsbewerber wie auch dem Nachfrager ein besseres Bild von der zu erwartenden Dienstleistung zu geben.

    Auch was die Berufsbildung anbelangt, bedarf es eines Ziels an dem sich Kriterien festmachen lassen, wie der Beruf zu gestalten ist. Diese müssen ergeben, was den Beruf für den Laien erkennbar ausmacht, ob und wie eine Aufsicht möglich ist und wie sich die Berufsinteressen der Ursprungsberufe dort wiederfinden lassen. Es ist zu fragen, ob und inwieweit eine hoheitliche Kontrolle mit einer auf Eigenverantwortlichkeit aufbauenden Dienstleistung vereinbar ist. Auch die Fachmediationen stellen den umfassend ausgebildeten Mediator eher in Frage, als dass sie seine Konfliktkompetenz belegen. Ohne ein Konzept, das die Berufstätigkeiten sauber gegeneinander abgrenzt, führen Diskussionen über die Professionalisierung der Mediation in ein Zufallsergebnis anstatt in einen Erfolg. Es wird deshalb empfohlen, ein stimmiges Berufskonzept vorzustellen, bevor überhaupt weiter über die Frage der Professionalisierung nachgedacht wird.

    2.10 Markt und Marktentwicklung

    Die Evaluierung erlaubt kaum Prognosen über die mögliche Marktentwicklung. Erst eine Marktanalyse wäre in der Lage, die Entwicklung einzuschätzen und Hindernisse aufzuzeigen. Sie käme zu dem Ergebnis, dass der in der Evaluierung erwähnte Mediationsmarkt nur einen Teil des Marktes abbildet, in dem sich die Mediation bewegt. Ihr Markt wird eingeschränkt und verkürzt wiedergegeben, solange nicht der gesamte Mediationsradius im Blick ist und nicht zwischen einem direkten und einem indirekten Mediationsmarkt differenziert wird. Um eine Fehleinschätzung der Fragen über die Vermarktung der Mediation zu verhindern, wird empfohlen, eine Marktanalyse durchzuführen, in der die Mediation als Teil des Konfliktmarktes verstanden wird.

    Die Einschätzung der Marktgröße wäre ein Bestandteil dieser Marktanalyse. Offenbar gibt es Vorstellungen über die mögliche Verbreitung der Mediation. Prognosen über die Marktentwicklung sind damit allerdings nicht verbunden. Die Zielvorgabe der EU wollte 50% der (Gerichts-)Fälle in die Mediation überführen. Wenn davon auszugehen ist, dass die (erfolgreiche) Mediation Streitfälle vermeidet, ist der Rückgang der Nachfrage nach Dienstleistungen zur Streitbeilegung eine logische Konsequenz. Folgesachen und Instanzen würden wegfallen. Eine Salamitaktik, die aus einem Konflikt mehrere Streitfälle generiert wäre wirkungslos. Die Parteien würden bei einer kooperativen Herangehensweise in ihrer Streitbeilegung weniger Dienstleister einfordern.

    Werden diese Einflüsse kalkuliert, ergäbe sich ein Faktor X, um den zumindest die konventionell nachgefragten Dienstleistungen zurückgehen. Viele Anbieter von Konfliktdienstleistungen haben diese Befürchtung im Blick. Ihre unspezifische Sorge ist jedenfalls nicht von der Hand zu weisen. Solange die Marktentwicklung für sie nicht positiv eingeschätzt wird, bewegen sich die Wettbewerber in einem spekulativen Rahmen, der die Märkte und Professionen veranlasst, sich auszugrenzen, um sich zu schützen. Es wird deshalb empfohlen, auch über diese Fragen Klarheit zu schaffen, indem ein auf einer zuverlässigen Marktanalyse basierendes Vermarktungskonzept für Mediation ausgearbeitet wird, in dem sich auch die Interessen der angrenzenden Berufe und Dienstleistungen wiederfinden können. Die Ausarbeitung eines am Konzept der Coopetition orientierten Vermarktungskonzeptes würde dem zu beobachtenden Trend entgegenwirken, anderen Verfahren, Dienstleistern und Mediatoren ihre Kompetenzen abzusprechen. Das mangelnde Verständnis von Mediation kommt ihnen dabei entgegen. Daraus ergibt sich die weitere Empfehlung zur korrekten Information über Mediation. Wiki to Yes stellt dafür eine disziplinübergreifende, vollwertige und vor allem unabhängige Plattform zur Verfügung, wo die auf der kollektiven Intelligenz basierende Kollaboration im Mittelpunkt steht.

    Das formale Verständnis der Mediation führt auch bei den Einschätzungen zur Marktgröße zu einer Einschränkung. Es begünstigt die Neigung der Anbieter, lieber das Produktportfolio zu erweitern, als die Kompetenz in den konventionellen Verfahren zu verbessern, über die sich Wege in die Kooperation eröffnen. Indem die Mediation als ein Aliud verstanden wird, werden Schnittstellen übersehen, die ohne weiteres geeignet wären, die konventionellen Verfahren in eine Mediation zu überführen.

    Abgesehen von den nicht wahrnehmbaren Erfolgen der meditativen Kompetenz, wird verkannt, dass sich die Verdienstmöglichkeiten des Anbieters – wenn auch nur indirekt – vergrößern, sobald der Mediationsradius voll ausgeschöpft wird. Ein Umdenken würde die Kompetenz der Mediation zu einem eigenständigen Marktwert machen. Dienstleister, die diese Kompetenz verwerten können, profitieren dann von einem Wettbewerbsvorteil. Nicht ohne Grund legen einige der konventionellen Berufsinhaber großen Wert darauf, sich Mediator nennen zu können. Auch dürften die Einstellungschancen für einen Mediator im Vergleich zu Mitbewerber ohne Mediationskompetenz besser sein.

    Auch der Ausbildungsmarkt nimmt Einfluss auf das Angebot und die Nachfrage nach Mediation. Je mehr ausgebildete Mediatoren es gibt, umso größer ist die Anwendungschance. Je teurer die Ausbildung ist und je geringer ihre Amortisierungschance, umso geringer wird die Nachfrage. Es ist eine Gratwanderung zwischen Qualität und Quantität, die eine politische Entscheidung darüber erwartet, was unter Förderung der Mediation zu verstehen ist. Das zuvor erwähnte abgestufte Ausbildungskonzept bietet eine Lösung, indem für alle Anforderungen eine Ausbildung angeboten wird.

    2.11 Mediation im Wettbewerb

    Eine Marktanalyse beinhaltet auch eine Wettbewerbsanalyse. Sie würde sich mit dem Konkurrenzverhalten auseinandersetzen, um die Chancen und Risiken einer Vermarktung besser einschätzen zu können. Die Evaluierung bescheinigt eine große Sorge der Mediatoren vor Konkurrenz. Die Sorge resultiert aus der für jeden Mediator erlebten Verknappung. Sie lässt sich nicht beseitigen, indem einem konkurrierenden Angebot (wie etwa der Shuttle- Mediation) die Mediationseigenschaft abgesprochen wird. Der Konsument wird sich dafür nicht interessieren. Die Negativabgrenzungen bewirken eher eine marktschädliche Verunsicherung.

    Zur Verunsicherung tragen auch die Verbände bei, die sich in einem nicht zugestandenen Wettbewerb befinden. Zumindest setzen sie sich dem Verdacht aus, eigene Interessen zu verfolgen, indem manche Verbände die Mediationshoheit für sich beanspruchen. Es hat einen Grund, warum es in Deutschland bisher nicht gelungen ist, einen Dachverband Mediation zu gründen. Auch fällt auf, dass die Sicht auf die Verbandslandschaft nicht der Realität entspricht. Konzeptionell würde ein Forum am besten zu einer konsensorientierten Mediation passen, wo die Verbände und die Berufsvertretungen auf gleicher Augenhöhe Richtlinien verhandeln, die sowohl dem Anbieter wie dem Konsumenten Orientierung geben. Das dem DFfM vorausgegangene Forum war ein konstruktiver Ansatz, der jedoch zeitgleich mit dem Inkrafttreten des Mediationsgesetzes leider nicht weiter verfolgt wurde.

    Solange es kein Forum gibt, wo sich alle Stakeholder über ein Verwaltungskonzept für die Mediation auseinandersetzen und abstimmen können, bleibt die Mediation auf hoheitliche Entscheidungen angewiesen. Die Intention der Regierung, eine Diskussion mit ALLEN interessierten Verbänden, Kammern und Institutionen in Verhandlungen zu treten, ist ein konstruktiver Ansatz, der nicht nur zu empfehlen, sondern aktiv zu unterstützen ist. Die hoheitliche Unterstützung ist erforderlich, bis sich wieder ein umfassendes Forum Mediation errichtet hat. Natürlich ist es schwierig, alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen. Gerade Mediatoren sollten aber in der Lage sein, diese Hürde zu nehmen.

    Der größte Konkurrent – wenn man davon überhaupt reden kann – ist die Mediation selbst; genauer gesagt: ihre Kompetenz. Sie lässt sich zumindest rudimentär ohne weiteres auch in Verhandlungen, Schlichtungen oder Ombudsverfahren wiederfinden. Wenn es darum geht, die Streitkultur zu verbessern, ist dieser Effekt sicherlich gewünscht. Geht es darum, die Nachfrage nach Mediation zu fördern, ist er es nicht, zumindest nicht auf den ersten Blick. Gerade weil sich die Kompetenz der Mediation auch in anderen Verfahren abbilden lässt, kann sie dazu beitragen, die Verfahren anzureichern und Schnittstellen in die Mediation zu bilden. Wieder kommt es darauf an, Verfahren, Dienstleistungen und Kompetenzen klar gegeneinander abzugrenzen, damit der Konsument aber auch der Mitbewerber erkennt, wo ihm die Mediation wie nützlich werden kann.

    Deutlich wird, dass die Mediation, wenn sie erfolgreich sein will, auch von den Mitbewerbern gewollt und verstanden sein muss. Anwälte, aber auch Coaches und Therapeuten, die erkannt haben, wozu die Mediation in der Lage ist, verweisen vermehrt Fälle in die Mediation. Anbieter, die ihre Kompetenz nicht verstanden haben, werden Argumente dagegen finden und sowohl die Implementierung wie die Anwendung der Mediation erschweren.

    2.12 Angebot und Bedarf

    So wie der Wurm dem Fisch schmecken muss, muss die Mediation den Bedarfen des Konsumenten eher entsprechen als den Interessen des Anbieters. Solange die Mediation relativ zu anderen Produkten (gemeint ist das Gerichtsverfahren) als Alternative angeboten wird, wird ihr ein eigenständiger Wert abgesprochen. Dabei hat die Mediation durchaus Alleinstellungsmerkmale, die sie für den Konsumenten attraktiv macht. Sie ist ein Verfahren, das mit der Komplexität des Falles umgeht (und diesen nicht lediglich auf Sachverhalt und Rechtsfolgen reduziert) und das alle denkbar möglichen Ergebnisse (einschließlich dem juristischen) herausarbeitet und zur Auswahl gegenüberstellt. Es ist das einzige Verfahren, das sich explizit am Nutzen orientiert und Lösungen aus dem wechselseitigen, vollständigen Verstehen heraus entwickelt, wobei die Lösung aus dem parallelen Denken, nicht aus dem konträren Denken entwickelt wird, sodass die Lösung trotz der Konfrontation auf Gemeinsamkeiten statt auf Gegensätzlichkeiten konstruktiv aufsetzen kann.

    Wer würde sich, wenn die Mediation so verstanden wird, noch für ein anders Verfahren entscheiden wollen? Die Evaluierung stellt für einige Mediatoren ein Nachfragedefizit fest. Andere, hauptberuflich als Mediatoren tätige Mediatoren klagen darüber nicht. Warum die einen erfolgreich sind, die anderen aber nicht, lässt sich aus der Untersuchung nicht entnehmen. Auch wurde die Art und Weise der Vermarktung nicht hinterfragt. Diese Möglichkeiten sollten erst geprüft und ausgeschöpft sein, ehe weitere Schlussfolgerungen oder Regelungen getroffen werden.

    3. Ergebnis

    Zusammenfassend ist festzuhalten: Die geringe Zahl an förmlichen Mediationen inspiriert zu theoretischen und spekulativen Überlegungen. Sie sind auf ihre Praxistauglichkeit im Einzelnen zu überprüfen. Die Mediation verbreitet sich durch die Idee und das Bewusstsein für ihre Kompetenz. Was genau diese Kompetenz auszeichnet, sollte nicht nur verdeutlicht, sondern auch gelebt werden, damit sich die nachzufragende Kompetenz auch dem Konsumenten erschließt. Damit die Dienstleistung im konkreten Fall verbindlich einzuschätzen ist, bedarf es der Produktstandards, an denen sich Anbieter, Konsumenten und Gerichte orientieren können. Wegen der Ungenauigkeiten, der vielen offenen Fragen und zur Verwirklichung des nach Konsens suchenden Wesens der Mediation ist dem Ergebnis der Evaluierung, sich mit Reglementierungen zurückzuhalten, zuzustimmen. Wenn die Evaluierung darüber hinaus zu einem Umdenken der Mediatoren und der Verbände beiträgt, hat sie einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Mediation geleistet.

    Bitte sehen Sie es uns nach, dass die vorstehenden Ausführungen umfangreiche grundsätzliche Überlegungen und Anregungen aus Anlass der vorliegenden Evaluierung beinhalten. Wir meinen, dass die Evaluierung eine Zeit zum Innehalten und zur Besinnung anmahnt, wie alle Stakeholder die Verstehensvermittlung und damit die Nutzung der Mediation in Deutschland eigenverantwortlich fördern können. Dazu möchten auch wir nicht nur mit dieser Stellungnahme einen Beitrag leisten

    Für den Mediatorenverband Integrierte Mediation e.V.

    Dr. Peter Doetsch, Arthur Trossen