Als jemand, der beide Bereiche bis zu einer gewissen Perfektion erlernt hat, diesbezüglich aber ausschließlich als (nunmehr erfahrener) Praktiker tätig ist, ist es für mich sehr interessant, auch die Mediationsausbildung von Arthur Trossen als Beobachter begleiten zu können. Es ist erstaunlich, welche Parallelen sich mir bieten.

In der Kunstausbildung gibt es ganz grob gesagt zwei Wege, zu einem höheren Grad des Könnens (bezüglich der Mediation würde ich dies Kompetenz nennen) zu gelangen. Einmal die so genannte „freie Malerei“, die bei den angehenden Kunstschaffenden die weitaus beliebteste Weise ist und hauptsächlich an Volkshochschulen und bei privaten Ausbildern und Instituten praktiziert wird. Das ist verständlich, denn die theoretischen Anforderungen sind nicht so hoch und eines Lobes kann man sich ungeachtet des Ergebnisses allemal sicher sein. Wer es allerdings zu höheren Weihen bringen möchte, kommt früher oder später um die (universitären) akademischen Elemente nicht herum.

Wesentlich mühsamer ist die universitäre Ausbildung an der Kunstakademie. Mir klingen die Klagen ehemaliger Absolventen in den Ohren, dass es nicht gerade lustig ist, wochenlang die Ohren, Nasen und Augen der Gruppennachbarn zu zeichnen, die Berechnung des „Goldenen Schnitts“ zumindest auswendig zu lernen und die Wirklichkeit mit Hilfe von Horizont und Fluchtpunkten abzubilden. Von der Physik der Farbenlehre ganz zu schweigen.

Hier möchte ich anmerken, dass fast alle großen Künstler, sei es z.B. Loriot (ihm sei hier gedacht), Dalih oder Picasso mit der klassischen Malerei angefangen haben. (In seiner bekannten Art hat Salvadore Dalih jedes Gespräch mit einem Reporter abgebrochen, wenn er bemerkte, dass dieser nicht wusste, was der „Goldene Schnitt“ ist.)

Mit entsprechenden, völlig unmediatorischen Vorurteilen bin ich dann nach Altenkirchen zur VHS-Ausbildung von Arthur Trossen gefahren. Schnell wurde ich eines Besseren belehrt. Wie ich heute weiß, wechselt AT seine Ausbildungsmethode und die Anforderungen nicht mit dem Veranstalter. Sie ist grundsätzlich akademisch, aber nicht wirklichkeitsfremd. Zu vielen Übungen fielen mir unvermittelt Situationen ein, die sich bei mir in der Praxis ereignet hatten, und das Rollenverhalten der Teilnehmer sorgte bei mir, wegen der Authentizität, nicht selten für heimliche Heiterkeit.

Überzeugt hat mich die Kombination zwischen Fernstudium und Präsenzveranstaltungen. So kann jeder Teilnehmer selbst bestimmen, wie weit er in die Materie einsteigen will und auf welchem Gebiet, sowie zu welchem Zwecke die Mediation für ihn nützlich sein kann. Dies entspricht auch dem Konzept der „Integrierten Mediation“, nämlich, die Mediation alltagstauglich zu machen.

AT führt vor den praktischen Übungen gesondert in die theoretischen Grundlagen ein und definiert die einzelnen Übungsaufgaben genau. Dabei geht er sehr ins Détail. Wie ein Zeichenschüler erst einmal lernen muss, genau hinzuschauen, sorgfältig zu beachten, wo welche Schatten sind, die der Laie bei der Betrachtung gar nicht bemerkt, die aber die Tiefe eines Bildes aus machen, ordnet er einzelne Bemerkungen oder Sätze dem Mediationsablauf sorgfältig zu, damit dieser eine sinnvolle Entwicklung und damit eine Transformation ermöglicht. Wie in der Kunst bedarf dies einiger Übung und ich bin schon nach der 3. Präsenz erstaunt, welche Fortschritte die Teilnehmer gemacht hatten. Nicht nur, dass sie zielgerichtet und selbstbewusst die jeweiligen Phasen meistern konnten, sondern auch schwierigere Techniken (z.B.: in Phase 3 das Interesse über die negativen Gefühle aufzudecken) sinnvoll einsetzten.

Da die Gruppe sehr klein ist, waren die Präsenzen für die Teilnehmer entsprechend anstrengend, denn man ist quasi immer „dran“. So konnten sie teilweise ihre eigenen Fortschritte nicht sehen. Dies ist allerdings eine Selbsttäuschung So, wie jeder Kunststudent der Meinung ist, dass die Bilder der Anderen viel besser sind und ich noch heute der Ansicht bin, dass meine ersten gezeichneten Ohren eigentlich jedem hätte gehören können;-))