Werbung für Mediation ist stets willkommen. Es sollte eine würdige Werbung sein. Eine Pressemitteilung der Anwaltskammer Schleswig-Holstein (siehe hier) besagt: „Gerade im Baurecht ist der Rechtsweg meist lang. Aber Streitigkeiten müssen nicht immer vor Gericht ausgetragen werden“. Das kann man nur unterstreichen. Wir wollen einmal schauen wie ein Mediator diese Werbung versteht.

Dort heisst es nämlich weiter: „Oft kommt es nur auf eine optimale ‚Streitbeilegungstechnik‘ an“. Aha, so geht das. Die Technik macht’s.

„Ein Anwalt kann dabei als Mediator helfen, die wirtschaftlichen Interessen der Streitparteien zu einer einvernehmlichen Lösung zu führen. Und das schnell“. Wir beachten: „Anwalt als Mediator“ und „wirtschaftliche Interessen“ – eine doppelte Reduktion. Aber auch, dass die Interessen zu einer Lösung geführt werden, ist interessant. Der Charme dieser Ungenauigkeit ist, dass wenigstens nicht die Parteien zum Objekt degradiert werden.

Zitat Fortsetzung: „Herkömmliche Maßnahmen wie Gerichts- und Schiedsgerichtsverfahren werden der Situation nur unzureichend gerecht“. Das ist eine sogenannte Tilgung. Es wird eine Behauptung aufgestellt, die in keiner Weise nachvollziehbar ist. Der Grund wäre interessant zu wissen und womit diese Verfahren nicht zurecht kommen. Die Erklärung soll wohl mit dem nächsten Satz geliefert werden: „Ihnen gegenüber bietet die Mediation einen deutlichen Zeitgewinn und ist weitaus günstiger“. Das „nicht damit zurecht kommen“ scheint sich also lediglich auf die Verfahrensdauer zu beziehen und die Kosten. Somit ist das „damit zurecht kommen“ der Mediation lediglich ein Kosten und Zeitvorteil, mithin eine weitere Reduktion. Unter uns gesagt: Die Mediation kann viel mehr 🙂

Weiteres Zitat: „Im Rahmen des Mediationstermins legt der Sachverständige seine Ergebnisse und Vorschläge dar“. War die Mediation nicht ein „nicht-evaluatives Verfahren“, wo der Mediator keine Vorschläge unterbreitet? Ach ja, das macht ja jetzt der Sachverständige. Sollten nicht die Parteien Vorschläge erarbeiten?

Weiter im Text: „Sachverständiger und Parteien sollen dazu gebracht werden, neue Lösungen zu erarbeiten“. Ist das jetzt die Bringschuld der Mediation? Pushing to solutions. Der Sachverständige erarbeitet mit den Parteien also seine eigenen Vorschläge, interessant. Da hat scheinbar der Entscheider gewechselt.

Das geht wohl deshalb, weil der Mediator: „… die Beteiligten durch die Anwendung von speziellen Konfliktlösungstechniken darin (unterstützt), selbst eine Lösung zu finden“. Jetzt fragt man sich worauf die gezielten Techniken denn nur abzielen mögen. Auch natürlich was das für ominöse Techniken sind. Die Neugier wächst.

„Die Sachkompetenz steht daher den Beteiligten selbst zu, da diese selbst das größte Know-How haben, um ihren Konflikt sachgerecht zu lösen“. Deshalb also der Sachverständige. Was die Parteien selbst am besten wissen sind die Motive, aus denen sich (andere) Lösungen entwickeln lassen. Deshalb sollten sie die Vorschläge erarbeiten. Der Sachverständige ist zuständig, wenn Fakten streitig sind. Hier wird eher eine Schlichtung beschrieben.

Weiteres Zitat: „Besonders effektiv ist die Mediation auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten …. Hier bietet die Mediation Lösungsmechanismen an, die losgelöst sind von rechtlichen Schranken einzelner nationaler Rechte“. Mediation beyond the law. Nicht dass der Eindruck ensteht, mit Mediation ließe sich das Recht umgehen.

Dann: „Anwälte nennt auf Anfrage in der Zeit von …“ Also keine Mediatoren, nicht einmal Anwaltsmediatoren? Was wird also hier beschrieben? Es sollte klar sein, dass ein Anwalt, der als Mediator auftritt dann Mediator ist und nicht Anwalt. Der Hinweis „Rechtsanwälte sind unabhängige Berater in allen Rechtsangelegenheiten. …“ hat jetzt gar nichts mehr mit Mediation zu tun.Aber darauf lam es der Werbung offenbar auch nicht an.

Was hört also ein Mediator, wenn er diese Werbung oder was das auch immer sein soll liest? Er hört: „Wir Anwälte sind auch noch da, vergesst uns nicht!“