Laut einem Artikel von Michael Peel und Simeon Kerr in der Financial Times (Donnerstag, 3 November, 2011, Seite 11 mit dem Titel: „Dubai courts legal riches“) versucht Dubai, ein weiteres internationales Arbitration Center neben den bekannten Schiedsgerichtszentren wie in in Stockholm, der Schweiz und Paris zu errichten.

Der ungewöhnliche Ansatz ist, dass Dubai sein bereits bestehendes, internationales Finanzgericht sogar für Konflikte öffnet, die keinen Zusammenhang mit Dubai selber haben. Die Anziehung internationaler Fälle für Rechtsstreitigkeiten in die Vereinigten Arabischen Emirate ist eine faszinierende Art und Weise, Gelder einzunehmen, um das riesige Defizit des Dubai International Financial Gerichtshof (DIFC) zu decken.

Andere sehen darin ein neues globales Zentrum für Konfliktlösungen, das sich neben Qatar herausbildet, wo das erste internationale Schiedsgerichtsverfahren bereits im Oktober 2011 durchgeführt wurde.

Offenbar sind die geographische Lage zwischen Europa und Asien, die weit verbreitete Verwendung von Verträgen in englischer Sprache in der modernen Geschäftswelt und die Entscheidungsfindung von erfahrenen ehemaligen englischen Richtern in Dubai und Qatar die entscheidenden Faktoren, die aus diesem Experiment eine Erfolgsgeschichte zu machen in der Lage sind.

Angeboten werden der klassische Rechtsstreit neben Schiedsgerichtsverfahren und Mediation sowie jede Art der derzeit populären Konfliktlösungsmechanismen. Qatar bietet ein Fachforum für Bau-Streitigkeiten, ähnlich dem spezialisierten Gericht für Bau-Streitigkeiten in London.

Allerdings gibt es eine weitere, besonders interessante Tatsache auf die ich die Aufmerksamkeit der interessierten Öffentlichkeit lenken möchte. Ein ehemaliger UK Beamter hat gesagt: „Das Konzept ist sehr sehr arabisch. Es setzt auf die Vermittlung des majilis aber bringt westliche Kompetenz in die Konfliktbeilegung.“ Das Wort „majilis“ wird hier im Sinne von „Begegnung“ verwendet. In Kasachstan ist es die Bezeichnung für die untere Kammer des Parlaments. Es scheint sich um einen allgemeinen Begriff in arabischer und türkischer Sprache für eine Zusammenkunft, wo Probleme besprochen oder gelöst werden bzw. wo Entscheidungen getroffen werden.

Der Punkt, auf den ich hinaus will ist der folgende: Es scheint eine alte (arabische bzw. islamische) Tradition zur Beilegung von Streitigkeiten zu sein, indem man zusammensitzt und diskutiert, bis sich eine für beide Seiten befriedigende Lösung findet, die gegenseitig akzeptiert wird und deshalb eine hohe Chance hat, freiwillig befolgt und ausgeführt zu werden. In diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit, dass für die Vollstreckung durch die staatlichen Organe oder Gerichtsvollzieher sehr niedrig.

Diese Tugend war in den hoch entwickelten westlichen Gesellschaften verloren gegangen. hier hat man zu viel und ausschließlich den Gerichten als staatliche Dienstleistung und eines staatlichen Monopols vertraut, wodurch die Bürger mehr und mehr disqualifiziert wurden.

Im Gegensatz zu den hohen Tugenden der wirtschaftlich unabhängigen und autonomen Bürger, ihre Angelegenheiten (Besitztümer) selbst, ohne Einmischung des Staates („Privatautonomie“) zu lösen, wurde diese Tugend ersetzt durch bequeme einfach auf die Richter vertrauende Untugenden, um die eigenen Konflikte zu lösen.

Sicherlich ist ein Justiz-System durch den Staat ein hoher kultureller Gewinn im Vergleich zu archaischen Systemen, in denen Gegner eine Lösung für ihre Konflikte selbst herbeiführen mussten. Dabei gingen aber viele Tugenden und Fähigkeiten, die eigenen Konflikte zu bewältigen, in den hoch entwickelten westlichen Rechtssystemen verloren.

Es brauchte der Mediation um die persönliche Verantwortlichkeit für die Lösung der eigenen Konflikte in einer flexiblen, intelligenten Weise, um das Verständnis für den Konflikt in seiner ganzen Komplexität zu verstehen und nicht nur als eine Forderung nach einem bestimmten Paragraphen des Gesetzes zu verstehen.

Jetzt kann die Kombination mit traditionellen arabischen oder islamischen Streitbeilegungsverfahren, durch den Aufruf der Parteien zusammen eventuell mit der Hilfe eines weisen alten Mannes, der auch ein Richter sein könnte, ausgestattet mit den modernen Techniken des Schlichtungs-und Schiedsverfahrens, eine Erfolgsgeschichte werden. Dubai könnte in der Tat als neues „Global Legal Center“, wie es die Autoren der zitierten Artikel formulieren, in Erscheinung treten.

Artikel von: Lawyer und Mediator Fritz W. Digmayer, Berlin-Moskau, der als stellvertretender Teamleiter im EU-Projekt „Unterstützung der Justiz-und Rechtsreform in der Republik Kasachstan“ arbeitete 2010 – 2011 in Astana. Übersetzung von Arthur Trossen.