In einem Interview mit der Rhein-Zeitung vom 05.Juni 2001 ( siehe " Das Altenkirchener Modell gegen Scheidungsunfälle ) hat Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Ralf Käppele ausgeführt, dass Ehepartner in einer Trennungssituation durch mißverstandene anwaltliche Beratung zu einer Scheidung ihrer Ehe geführt werden können. Dies, obwohl die Ehen möglicherweise noch eine Chance gehabt hätten, die Ratsuchenden zum Zeitpunkt der ersten Beratung nicht einmal zur Scheidung ihrer Ehen entschlossen waren.

Die These lautete, dass durch mangelnde Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant, der Mandant seinem Anwalt keine klaren Zielvorgaben gibt, der erteilte Auftrag nicht genau definiert wird.

Beginnt der Anwalt seine Tätigkeit für seinen Klienten z.B. damit, das alleinige Sorgerecht für gemeinsame Kinder zu beantragen, wird hierdurch oftmals – ungewollt – eine Dynamik in Gang gesetzt, die nur schwer umkehrbar ist. Haben die Ehepartner z.B. nach einem Streit zunächst vereinbart, erst einmal getrennt zu leben, um zur Ruhe zu kommen, wird die Einschaltung eines Anwalts durch den Anderen als Vertrauensbruch und Angriff gewertet. Werden in einem anwaltlichen Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge noch Ausführungen darüber gemacht, warum der andere Elternteil nicht geeignet sein soll, die Erziehung der gemeinsamen Kinder zu gewährleisten, ist oftmals " Schluß mit Lustig". Der Streit eskaliert, konstruktive Kommunikation ist nicht mehr möglich, was eben noch nach vorübergehender Trennung aussah endet in der Scheidung.

Ein Beispiel hierfür bietet in der jüngsten Vergangenheit das Ehepaar Barbara und Boris Becker. In einem Interview mit dem Stern ( Heft 48/2001 ) sagt Boris Becker folgendes:

"Wenn es nach mir gegangen wäre, wären wir heute nicht geschieden. Das war nie meine Absicht."

Und weiter:

"Geplant war eine Trennung, daraus ist ein Medienspektakel entstanden und dann eine Scheidung. Was von uns beiden nicht gewollt war. Wir waren nicht mehr Kapitän des Schiffes – da waren Berater, Anwälte, die das Schiff plötzlich nach vorn getrieben haben. Und wir saßen nur noch im Beiboot."

Anschaulicher läßt sich die Situation aus Sicht eines Nichtjuristen kaum darstellen. Die Anwälte spulen routinemäßig ihr hochkarätiges " Know-how" ab, perfekt werden Einigungen erzielt, die Scheidung wird sogar in windeseile durchgeführt ( Im Falle Becker wurde von "Blitzscheidung" gesprochen). Wie sich Boris Becker jetzt äußert, war eine Scheidung überhaupt nicht gewollt. Ein weiterer Scheidungsunfall ! Die durch Berater und Anwälte hineingetragene Dynamik wird ebenfalls verständlich, die Eheleute Becker sitzen im Beiboot in werden von den Beratern und Anwälten in den Hafen der Scheidung geleitet. Wessen Interessen haben die Berater und Anwälte von Barbara und Boris Becker vertreten? Die eigenen?

Rechtsanwalt Dr. Reiner Ponschab hat in seinem Redebeitrag auf dem 52. Anwaltstag in Bremen Paul Watzlawick mit dem Satz zitiert:

"Wer gut mit dem Hammer umgehen kann, sieht jedes Problem als Nagel an."

So ist es kein Wunder, dass Rechtsanwälte nach durchschnittlich 8 Jahren Berufsausbildung dazu neigen, in allen Konflikten ein Rechtsproblem zu sehen, welches es gilt, mit dem Erlernten zu lösen, so Dr. Reiner Ponschab. Das Beispiel der Eheleute Becker zeigt sehr deutlich, dass die Beratung in einer Trennungsitutation mehr sein muß, als reine Rechtsberatung.