Aloys Leyendecker moderiert den Kongress

Die gerichtsinterne Mediation ist (nur) ein evolutionärer Schritt. Ergebnisse des 5. Kongresses der integrierten Mediation

Mit der These, dass die gerichtsinterne Mediation nicht mehr sein kann als ein evolutionärer Schritt lässt sich das Ergebnis des 5. Kongress des Verbandes „Integrierte Mediation e.V.“ vom 26.6.2010 in Piesport bei Trier am besten zusammenfassen. Das Kongressthema lautete „Wege zur Kooperation“. Im Fokus der Auseinandersetzung stand die Justiz und ihr Umgang mit der Mediation. Minister Dr. Bamberger erläuterte die Pläne der Justiz in Rheinland Pfalz. Die Redner spannten darüber hinaus einen Bogen über Erkenntnisse und Erfahrungen mit der Gerichtsmediation in Amerika und Europa. Die Mediation ist in der Justiz angekommen und dort nicht mehr weg zu denken. Das war wenigstens eine der tragenden Erkenntnisse, welche auf dem Kongress in Piesport erarbeitet worden waren.

Es trafen sich Teilnehmer aus allen Berufen, um sich mit den Thesen der Experten auseinanderzusetzen. Thematisiert wurden alle Formen der Gerichtsmediation, die sich mehr und mehr als so genannte „forensiche Mediation“ aus dem großen Feld der Mediation herausbildet. Schwerpunktmäßig befassten sich die Kongressteilnehmer mit der gerichtsnahen Mediation, bei welcher der Richter den Fall in eine externe Mediation empfiehlt, mit der gerichtsinternen Mediation, bei welcher der Richter die Mediation eines nicht entscheidungsberufenen Richter-Mediators nahe legt und last but not least mit der integrierte Mediation, bei welcher der erkennende Richter selbst die Mediation als ein Hybridverfahren durchführt. In Rheinland-Pfalz kommen alle Varianten der Mediation vor. Aktuell wird jedoch das Modell der gerichtsinternen Mediation promoviert. Minister Dr. Bamberger erläuterte, dass dies nicht die Endlösung sein müsse. Um sich gerichtsextern etablieren zu können, müsse sich die Mediation erst noch weiter herausbilden. Der Gesetzgeber könne einen Grundstein legen. Um jedoch den Markt zu bereiten, seien die Mediatoren selbst gefordert. Für die Justiz sei die Mediation ein wichtiges Verfahren, welches dem Bürger konstruktive Konfliktlösungen näher bringe. Im Moment stünde die gerichtsinterne Mediation im Vordergrund, führte der Minister aus, um auch mit dieser gerichtlichen Mediation Erfahrungen zu sammeln. Man habe sich aber durchaus nochmals mit der integrierten Mediation zu befassen und werde über deren Anwendbarkeit weiter nachdenken. Immerhin arbeiten die im seinerzeitigen Projekt „Integrierte Mediation in Familiensachen im Bezirk des OLG Koblenz“ ausgebildeten Richterinnen und Richter sehr erfolgreich mit dieser Verfahrensweise.

Dass die integrierte Mediation ein Erfolgsmodell sei, belegte Prof. Dr. Neuert eindrucksvoll mit seinem Vortrag. Neuert ist der wiss. Leiter und Vize-Rektor für Forschung und Graduiertenprogramme an der Universität in Kufstein. Er war für die Evaluation des Projektes Integrierte Mediation im Bezirk des OLG Koblenz verantwortlich. In seinen mitreißenden Ausführungen präsentierte er die Ergebnisse der Evaluation dieses Projektes und seine wissenschaftliche Untersuchungen erstmals der Öffentlichkeit. Somit sei bewiesen, führte er aus, dass die Anwendung der integrierten Mediation zumindest in den Familiensachen nicht nur ökonomischer sei als die herkömmliche Verfahrensweise vor Gericht. Sie bringe auch allen Verfahrensbeteiligten eine signifikant messbar höhere Zufriedenheit. Nun sei es an der Zeit, in einer weiteren wissenschaftlichen Evaluation, die Effizienz der integrierten Mediation einer gerichtsinternen Mediation messbar gegenüber zu stellen.

Der visionäre Charakter der integrierten Mediation kommt mehr und mehr zum Vorschein. Das zeigte nicht zuletzt der Vergleich mit den Erfahrungen der Gerichtsmediation im Ausland. Manus Leyendecker, der zwei Jahre lang in Kalifornien die Mediation studierte und dort auch als Mediator tätig war, ernüchterte den Blick der leidenschaftlichen Mediatoren. In Kalifornien, führe er aus, sei die Mediation oft nicht mehr als ein Poker, bei dem die Parteien durch ein sogenanntes Caucasing zu einer kompromissweisen Einigung geprügelt würden. Beim Caucasing führt der Mediator Einzelgespräche mit den Medianten. Sein Ziel sei es, in einem oft vorgegebenen, kleinen Zeitfenster, eine Einigung herbeizuführen. In diesen Verfahren ginge der Mediator nicht auf die emotionalen Belange der Parteien ein, führte Leyendecker weiter aus. Natürlich gäbe es in Amerika auch andere Modelle. Deshalb führte er fort, dass es durchaus auch eine vorkommende Variante der Mediation sei, wenn der erkennende Richter selbst mediiere. Das Aufkommen der Mediation sei in den USA so vielfältig wie die Anzahl der amerikanischen Bundesstaaten.

Zurück ins europäische Ausland berichtete Srdjan Shimaz über seine Erfahrungen als Richter und Mediator nicht nur aus Kroatien. Srdjan Shimaz ist der ehemalige Präsident des High Commercial Courts in Zagreb. Er ist auch im Vorstand eines der größten kroatischen Mediationsverbände. Sein Credo lautete, dass die Befassung der Richterschaft mit der Mediation schon deshalb erforderlich sei, damit die Richter erkennen könnten, welchen Einfluss die emotionalen Belange der Parteien auf den Prozess und den Ausgang des Streites hätten.

Arthur Trossen, der Vorsitzende des Verbandes und seines Zeichens internationaler Experte für Mediation schließlich führte die Teilnehmer durch Erfahrungen die mit der „forensichen Mediation“ in mehreren Ländern Europas bereits gewonnen wurden. Der Vergleich der Entwicklung der gerichtsnahen Mediation in den Niederlanden, in Österreich, in Kroatien, in Russland, in Lettland und anderen Ländern konnte die sich inzwischen auf dem Kongress etablierende Aufaasung bestätigen, dass die Befassung der Richter mit der Mediation unausweichlich und notwendig sei. Dass die gerichtsinterne Mediation die Zukunft abbilde, bezweifelte Trossen jedoch. Immerhin sei man in den Ländern, in denen die gerichtsinterne Mediation bereits eingeführt worden war schon wieder dabei, sie abzuschaffen. Wenigstens werde sie dort wieder stark limitiert. Einer der Gründe sei der mit der Einführung der gerichtsinternen Mediation wachsende Administrations- und Kostenaufwand für die Justiz. Auch die Lobby arbeite gegen dieses Konzept, weil die Justiz mit einem marktzugänglichen Angebot durchaus die Nachfrage in eine ungewollte Richtung beeinflusse. Man dürfte nicht aus den Augen verlieren, dass die Mediation nur dann zu einer Kostenentlastung der Justiz führe, wenn sie außerhalb der Justiz stattfände. In jedem Fall sei festzustellen, dass in keinem der Länder die Gesetzgebung signifikant dazu beigetragen habe, dass die Nachfrage nach der externen Mediation gefördert worden sei. Wegen ihrer systemischen Unterschiedlichkeit warnte Trossen davor, Modelle aus dem Ausland ohne eine Transformation auf die deutschen Verhältnisse zu kopieren.

Aloys Leyendecker führte die Teilnehmer durch eine – wie immer – angenehme und der Idylle des Tagungsortes angepasste, harmonische Veranstaltung. Das ist insofern bemerkenswert, konstatierte Trossen wertschätzend, als hier die unterschiedlichsten Professionen mit den unterschiedlichsten Meinungen aufeinander getroffen seien. In seinem Schlusswort fasste Leyendecker, selbst ein erfahrener Mediator, zusammen, dass die integrierte Mediation mit der Evaluation Neuerts gute Noten erhalten habe. Es sei als ein Ergebnis der Vorträge und Workshops festzustellen, dass grundsätzlich alle Richter in Mediation ausgebildet werden sollten. Auch sei deutlich geworden, dass die Justiz in Rheinland-Pfalz nicht auf der gerichtsinternen Mediation als endgültiges Ziel stehen bleiben könne. Er habe auch wieder einmal bestätigt bekommen, dass die Mediation viel mit dem Herzen zu tun habe. Damit spielte er auf die engagierten Reden und den interessierten Austausch unter den Teilnehmern an. Mit einem wehmütigen Blick auf die Erfahrungen des Auslands führte er fort, dass es aber auch als eine Realität in Kauf zu nehmen sei, dass die Mediation manchmal auch nicht mehr sei, als nur ein „Deal“. Vor allem habe sich aber wieder einmal herausgestellt, dass die Kommunikation wichtig sei, ebenso wie der intersoziale und interdisziplinäre Umgang mit ihr.

Wir alle sind neugierig, wie die Entwicklung der Mediation in Deutschland und speziell in Rheinland-Pfalz, dem Bundesland, in dem die integrierte Mediation das erste Mal professionell umgesetzt wurde, weiter geht. Damit die Inhalte und Erkenntnisse dieses bedeutenden Kongresses auch denen zugänglich ist, die nicht selbst teilnehmen konnten, werden die Beiträge der Redner als Broschüre und als DVD herausgegeben. Mehr Informationen dazu und zum Kongress werden wir auf www.in-mediation.eu zur Verfügung stellen. Bei Fragen dazu wenden Sie sich bitte an