Spätestens mit dem Mediationsgesetz ist der Güterichter ein Begriff geworden, mit dem man sich auseinanderzusetzen hat. Unter Güte (von gut, mhd. Güete, ahd. guoti) versteht man eine freundliche, wohlwollende und nachsichtige Einstellung gegenüber Anderen. So die Definition in Wikipedia wenigstens. Sie wurde früher auch Herzensgüte genannt. Güte kommt also aus dem Herzen und es ist eine Einstellung!

Wenn die Einführung des Begriffs – was zu erwarten ist – jetzt dazu führt, dass wir also 2 Kategorien oder besser gesagt Typen von Richtern haben, nämlich den Güterichter und den (Nicht-Güte-) Richter, bedeutet das dann, die einen haben ein Herz, die anderen nicht? Heisst das, die Nicht-Güterichter, also die Richter ohne Herz, sind die Antonyme der Güterichter? Das wäre ja fürchterlich, denn dann wären sie darauf festgelegt unfreundlich, maliziös und intolerant zu sein. Das nämlich sind die Gegensätze zur Güte.

Als Terminus technicus steht der Begriff Güterichter für einen Richter, der nicht entscheidet. Der Begriff bezieht sich also auf das Verfahren nicht auf die Einstellung. Das ist so zumindest auf den ersten Blick. Wenn dem so ist, dann stehen die Entscheidung und das Einvernehmen im Gegensatz. Heisst das jetzt: Die Entscheidung ist bösartig, das Einvernehmen ist gütig? Hmm ob das nun wiederum richtig sein kann?

Der Güterichter soll jetzt auch meditative Elemente einbeziehen können. Wörtlich lautet das Gesetz: „Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen“. Unter uns gesagt: Was bleibt ihm anderes übrig? Richten darf er ja nicht.

Wenn der Gesetzgeber sich dennoch veranlasst sieht auf die Möglichkeit der Anwendung von Methoden der Konfliktbeilegung explizit hinzuweisen, heisst das jetzt, dass man dafür eine Erlaubnis braucht? Heisst das, dass der Richter, also der Nichtgüterichter, keine Methoden der Konfliktbeilegung verwenden darf? Wäre damit etwa auch klar gestellt, dass die juristische Methode der Subsumtion keine Methode der Konfliktbeilegung ist?

Der Begriff ist wohl von der Güteverhandlung des Arbeitsrechts abgeleitet und bezeichnet im Gegensatz zu dieser den Umstand, dass der Richter, der eine Güteverhandlung durchführt jetzt eben nicht der entscheidende Richter ist. Mehr steckt nicht dahinter. Die Verwendung des Begriffs macht aber weder den Richter noch das Verfahren gütiger. Man könnte sogar sagen, dass dem Güterichter jetzt mehr Handwerkszeuge zur Verfügung stehen als dem Mediator. Denn der Güterichter ist nicht limitiert auf spezifische Formen der Konfliktbeilegung. Oh oh, wenn die Richter jetzt nicht aus einem Bug ein Feature machen und diese gegenüber dem Mediator erweitere Kompetenz als einen Wettbewerbsvorteil verkaufen. Leicht dürfte es jetzt auch sein, die in Deutschland weniger bekannte und gewollte evaluative Mediation offiziell und außerhalb jeder Kritik im Gericht anzubieten. als Methode versteht sich, nicht etwa als Verfahren.

Aber wie gesagt, Güte ist eine Einstellungssache. Wäre schade, wenn sie sich an Funktionen und Jobs bindet, denn sie ist doch so etwas Menschliches – eigentlich. Gütiger Gott ist ein geflügeltes Wort, das mir jetzt einfällt. Es ist ein Ausdruck der Bestürzung und meint: Das möge Gott verhüten! Ist der Güterichter also ein Verhüter? Wenn ja, dann drängt sich die Frage auf: Was mag das sein was er verhütet? Diese Frage möchte ich lieber nicht beantworten 🙂

Generell sollten wir etwas behutsamer mit der Verwendung von Begriffen umgehen. Daraus könnten sich Missverständnisse ergeben, wie jeder Mediator weiß (wenigstens der CBM Mediator weiß es). Wie wäre es also, wenn man einfach nur auf den Menschen schaut? Dann jedenfalls gibt es ganz sicher einen gütigen Richter. Aber das muss nicht der Güterichter sein. Es gäbe auch ganz sicher auch einen strengen Güterichter und wohl auch den strengen Mediator.

Was lernen wir: Der Güterichter hat weder mit Güte noch mit dem Richten zu tun und trotzdem ist er ein Güterichter. Hoffentlich ist das nicht allzu verwirrend und missverständlich. Viele Konflikte werden nur durch solche Missverständnisse und Missdeutungen ausgelöst. Seien wir uns also bewusst, dass der Begriff – wie geschickt oder ungeschickt er auch immer gewählt sein mag – eine andere Konnotation erfordert als den Wortmerkmalen ursprünglich und sprachlich innewohnt.