Bernd Bohnet… wenn die Empfehlungen an die Anwaltschaft bei ANWALT.DE („Einfach zum Anwalt“) nur für einen Leser öffentlich als hilfreich angesehen wird?

Die dort aufgestellte Behauptung in Bezug auf § 253 Abs. 3 ZPO: „Der Anlass für eine derartige Soll-Vorschrift ist in der Intention des Gesetzgebers zu sehen, den Mandanten bereits vor einer Klageerhebung auch über die Chancen einer außergerichtlichen Streitbeilegung bzw. über die Mediation ordnungsgemäß aufzuklären.“ ist nicht nur falsch, sondern widerspricht ganz eindeutig der Intention des Gesetzgebers.

Wie ist es mit der Berufsordnung der Rechtsanwälte vereinbar, wenn diese ihm gebietet (!), Eskalationen (und damit Prozesse) zu vermeiden, wenn die Mediation als Kalkül dienen soll, letztendlich zu obsiegen? Gerade als Familienmediator stelle ich mir eine solche Vorgehensweise nur mit Grausen vor (§ 253 Abs. 3 ZPO gilt auch in Familiensachen).

Es mag ja sein, dass es vom Gesetzgeber nicht unbedingt sehr geschickt war, die Mediation auf diese Weise und in (fast) allen Prozessordnungen „ins Spiel“ zu bringen. Das war auch der Grund, weshalb ich mich (nur für Familiensachen) in meinen „Anregungen“ zum Rechtsausschuss (allerdings verpflichtender) für die Einführung der Mediation eingesetzt habe. Jedenfalls kann der Rechtsanwalt keine Chancenabwägung oder Beratung durchführen. Dies können nur die Betroffenen selbst. Und dazu müssen sie erst bei einem Mediator gewesen sein, der ernsthaft bereit ist, ein Mediationsverfahren durchzuführen.

Wenn der Gesetzgeber (bzw. dessen Vertreter) die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14.02.2007 (BVerfGE 1 BvR 1351/01 v. 24.02.2007) nicht nur ständig hinsichtlich des Vorrangs der Privatautonomie zitiert, sondern das Urteil ganz gelesen hätte(n), wäre klar geworden, welche verfassungsgemäße Möglichkeiten vorhanden waren. Dann hätte man allerdings, um der Praxis gerecht zu werden, differenzieren müssen.

Die endlosen Querelen um den (m.E. verfassungswidrigen) Güterichter, haben die Sicht auf eine sinnvolle Vorgehensweise verstellt und die Förderung der Mediation ist auf der Strecke geblieben. Weniger wäre mehr gewesen und der Rechtsanwaltschaft wäre das sich jetzt offenbarende Dilemma erspart geblieben.