Gestern gab es Verhandlungen über ein spannendes Thema. Meine Gesprächspartnerin nickte stets und ich dachte bei mir: „wie sympathisch“ und „wie einfach und glatt die Verhandlungen doch verlaufen“. Dann wurde mir klar, dass sie nicht „Ja“ sondern „Nein“ meinte.

Meine Gesprächspartnerin war eine Bulgarin. Die Körpersprache der Bulgaren ist etwas anders. Dort nickt man, wenn man „Nein“ meint. Beeindruckend war für mich mal wieder zu erleben, wie intensiv und unbewusst die emotioale Reaktion auf die Körperspache des Gegenübers erfolgt. Zum Glück ist eine positive emotionale Einstellung niemals schädlich, wenn man ein Gespräch führt. Allerdings hätte ich meine Ausführungen gegebenenfalls anders (mehr) begründet. Wie auch immer. Im Ergebnis waren wir uns trotzdem einig.

In der Mediation und aus der Sicht des Mediators wird sich das Phönomen so nicht  auswirken. Wenn der Mediator wirklich, also auch emotional, neutral ist, wird er keine emotionalen Reaktionen auf die Reaktion des Gegenübers haben. Zumindest wird er diese nicht auf Erfolg oder Misserfolg der Verhandlungen führen. Denn für ihn sollte sowohl ein Ja wie ein Nein emotional nicht besetzt sein. Gegebenenfalls wird er durch Verbalisieren und Paraphrasieren im Looping auf die Diskrepanz hinweisen. „Sie sagen nicht Ja, nicken aber stets. Wie kann ich das verstehen?“

Auf einem Kongress über Cross Border Mediation habe ich einmal gehört wie eine Mediatorin erklärte, dass sie die Partei symbolisch mit einem Schal an den Händen fessele, um ihr das handicap vor Augen zu führen, das die fremdsprachige Partei habe. Solche Methoden mag ich gar nicht. Die Inbalance kann der Mediator anders ausgleichen und er kann sie auch anders den parteien bewusst machen. Da genügt schon oft die triadische Brückenfunktion, also das Loopen, das durch seine Allparteilichkeit entsprechend (unterstützend) ausgerichtet wird.

Der Mediator muss sich allerdings ständig bewusst darüber sein, dass die Körpersprache missgedeutet werden kann. Das gilt zwar stets und überall, im interkulturellen Kontext aber umso mehr. Ich empfehle, die interkulturelle Diomension in Phase eins anzusprechen, um sie den Medianden und dem mediator bewusst zu machen. Dort sollte der Mediator darauf hinweisen, dass Ausdrucksformen missgedeutet werden können. Dass die Mediation Klarheit erzeugt und dass es dafür notwendig sein kann auch ganz normal erscheinende Reaktionen zu hinterfragen. Wenn er dann während der Mediation verbalisiert, erfolgt ein Lern- und Anpassungsprozess.