Ich hatte bereits in einem vorangegangenen Beitrag auf die narrative Mediation hingewiesen. Nach dem IM-Verständnis einer Systematisierung der Mediation ist die narrative Mediation ein Unterfall der transformativen Mediation. In beiden Modellen wird versucht, die Sicht auf Beziehungen und Geschehnisse zu verändern. Die Abgrenzung ist nicht immer einfach. Deshalb ist das von Giuseppe eingestellte und in diesem Beitrag eingebettete Video umso spannender.

Das Video ist eine Simulation. Die Mediation dauert ca 35 Minuten. Sie wird als eine narrative Mediation beschrieben. Sie ist auf Englisch. Arnold, so stellt sich später heraus, ist transformativer Mediator. Er versucht den Unterschied herauszustellen zwischen einer transformativen und einer narrativen Mediation. Was beide Arten gemeinsam haben ist das Ziel, die Sicht auf die Beziehung (das Geschehen) zu verändern.

Einiges an der Mediation ist auffällig, wenn wir sie mit der IM vergleichen. Der Vergleich mit der IM ist insofern naheliegend, als die IM beide Formen in sich trägt und die narrative Mediation eher als einen Unterfall der transformativen Mediation ansieht. Wer sich ads Video anachaut wird folgendes bemerken:

Phase 1: Die Mediatorin erklärt das Verfahren und ihre Rollen. Eine wirkliche Vereinbarung darüber findet nicht statt. Auch nicht über die Frage, ob Vertraulichkeit überhaupt eingehalten werden kann. Sie wird lediglich angekündigt. Arnold gibt interne Informationen auch im Verlauf der Mediation nicht preis. Er beschränkt sich auf Andeutungen.

Phase 2: Sehr gut gefallen hat mir die Erklärung, wie die gegnerische Partei ihren Sachvortrag gestalten soll. Das entspricht dem IM-Vorgehen, wo wir die Parteien einfach auffordern, zu erzählen, was sie auf dem Herzen haben. Dass sie nicht Stellung nehmen sollen erwähnen wir nur bei Bedarf.

Auffällig war, dass in Phase 2 keine Themen abgefragt oder zusammengefasst wurden. Es wurden auch keine Positionen herausgearbeitet. Klar war lediglich, dass sich Jeremy diskriminiert fühlte. Daran hat sich in der Mediation auch nicht viel geändert. Allerdings macht er Arnold dafür nicht mehr verantwortlich. Arnold erwähnt nach 34 Minuten Mediation, dass er eigentlich gar nicht weiß, was Jeremy denn genau will – außer, dass er sich diskriminiert fühlt. Die Frage, was Jeremy denn genau will hätte vielleicht schon alles abgekürzt, denn Arnold hat im Grunde nur gesagt, dass die Entscheidung nicht seine war. Ihm seien die Hände gebunden und gebunden gewesen.

Phase 2 und 3 gehen ineinander über. Hier hätte die IM eine klare Ternnung eingeführt und die Phase 3 mit einer expiziten, initialisierende Frage gestartet. Allerdings eine solche, die zu den gleichen Fragestellungen geführt und die Bedeutung der Beförderung bzw. der unterlassenen Beförderung hinterfragt hätte.

Auffällig ist, dass die Mediatorin recht wenig Paraphrasen verwendet. Arnold meldet deshalb zurück, dass er sich befragt gefühlt hätte, was er allerdings als positiv bewertet.

Im Interview beschreibt er den Unterschied zur transformativen Mediation sehr ungenau. Er bedeutet die unterschiedliche Rolle des Mediators, der weniger auf die Interaktionen achte als dass er den Fokus auf die Parteien selbst richte. Das ist was wir „Windows 1“ nennen. Was ich beobachtet habe ist, dass die Mediatorin die direkte Auseinandersetzung zwischen den Medianden nicht gefördert hat, statt dessen aber viel mit Rollentausch gearbeitet hat. „Stellen Sie sich vor, Sie wären der Coach von Jeremy …“. D.h. Windows 2 ist oft und früh eingesetzt worden, aber indirekt. Auch das entspricht dem Vorgehen der IM. Hier fällt auf, dass der Rollentausch ohne weiteres schon in einem frühen Stadium möglich ist. Arnold sagt, er könne verstehen, dass Jeremy verärgert sei …. Das ist für die IM ein Zeichen dafür, dass der Konflikt nicht so hoch eskaliert ist. Die Mediatorin arbeitet die Beziehung – oder besser gesagt die jeweilige Sicht auf die Beziehung zwischen Jeremy und Arnold heraus. Arnold kann sich entlasten, indem er sagt, dass ihm die Hände gebunden waren. Er selbst hätte lieber Jeremy die Stelle gegeben, den er auch für qualifizierter halte. In dem Moment taucht die Frage auf, ob überhaupt die richtigen Parteien am Tisch sitzen. Das wird nicht thematisiert. Es kommt zu einem „Reden über andere“. So wie es scheint haben Jeremy und Arnold aber eine persönliche Beziehung, die in der Mediation durchaus geklärt wurde. Jeremy hat sich dann damit einverstanden erklärt, mit Peter, dem HR-Manager über mögliche Perspektiven zu reden. Das Votum lautet dann: ok ich fühle mich nicht von Arnold diskriminiert aber das Unternehmen scheint diskriminieren zu wollen.

In der Simulation waren beide Parteien jedenfalls mit dem Ergebnis zufrieden.

Hier der Filmbeitrag:

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=TXMX0d6zfYM